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Das Wort zu Ostern

Von Pfarrer Dr. Dr. Markus Jacobs


Ort: Friedhof; Anlass: Beerdigung. Die Trauergemeinde hat die sterblichen Reste eines geliebten Menschen im Sarg vor Augen. Und so schön der Sarg auch mit Blumen geschmückt sein mag, jedem ist klar, gleich schon wird das alles in ein Loch in der Erde gelegt.
Wenn sich jetzt der Trauerzug in Bewegung setzt, wird ein Priester auf dem Weg zum Grab wenn irgend möglich ein Tragekreuz mitführen. Das Kreuz läuft also vor den Menschen her, die meistens schweigsam ihren eigenen Gedanken nachhängen.
Erlauben Sie, dass ich von dieser Ebene des Zeichens »Kreuz« auf die Ebene der mathematischen Ausdrucksweise überwechsle: Dieser Trauerzug mit dem Kreuz vorne ist nämlich im selben Moment so etwas wie eine mathematische Aussage. Denn auch in der Mathematik entscheidet das Plus oder das Minus vor einer Zahl darüber, wie der Wert der Zahl einzuschätzen ist. Geht es jetzt also im Tod nur um etwas Negatives, nur um etwas Grausames, nur um etwas endgültig Beendetes?
Zurück zum Zug auf dem Friedhof: Das Zeichen des Kreuzes vor all den Trauernden ist ein Sinnbild für eine Wertbestimmung dieses ganzen Geschehens aus christlicher Sicht. Bei aller Trauer bleibt nämlich das Vorzeichen einer christlichen Beerdigung immer »positiv«. Denn dieses Kreuz als Bild des Todes Jesu vor 2000 Jahren ist doch im selben Moment das Zeichen der Hoffnung für alle, die darauf blicken.
Natürlich ist es nicht der Tod Jesu für sich allein genommen, der schon Hoffnung ausdrücken könnte. Sondern die Verbindung von Tod und Auferstehung in diesem Jesus von Nazareth stellt bis heute die größte Komprimierung von Ende und neuem Anfang des Lebens dar, die auf dieser Erde je stattgefunden haben. Er war es, nach dessen Tod am Kreuz Menschen wenige Tage später des Wunders neuen Lebens gewahr wurden.
Mit dem heutigen Karfreitag beginnen die so genannten »Drei Heilige Tage«. Sie vollziehen genau diesen Tod und dann die Auferstehung Jesu nach. Seit er dem bereits stark ausgedünnten Tross seiner Weggefährten das Kreuz bis auf den Hügel von Golgotha voran trug, hat der Tod nicht mehr die Wucht eines endgültigen Endes aller Liebe, aller Hoffnungen und Sehnsüchte. Seine Jünger hatten sich nach seinem letzten Atemzug bereits in die Trauer gefügt, als die Erscheinungen des Auferstandenen sie aus Lähmung und Enttäuschung rissen. Immer mehr von ihnen machten an verschiedenen Orten die nie da gewesene Erfahrung: ein Toter kommt wieder! Sein Leib war zwar anders, aber er war es doch.
Deshalb werden Christen nie mehr in das Horn der vielen stoßen, die da sagen: âWas nach dem Tod ist, das weiß ich nicht, es ist ja noch keiner zurückgekommenÕ. Dieser eine, dessen Symbol das Kreuz wurde, er ist zurückgekommen. Genau aus diesem Grunde trauen es sich Christen, vor einem Toten ein Kreuz her zu tragen.
Denn die Hoffnung der Christen ist unbesiegbar, weil er, der eine, auferstanden ist. Und dieser eine, Gott selbst, ist es auch, der jedes von diesen menschlichen Geschöpfen in eine Herrlichkeit rufen kann, die nie ein Auge geschaut und nie ein Ohr gehört hat.

Artikel vom 25.03.2005