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Einsicht in
Bankkonten
ist möglich

Karlsruhe lehnt Eilantrag ab

Karlsruhe (AP) Im Kampf gegen Steuerbetrüger kann der Staat vom 1. April an verdächtige Bankkonten kontrollieren. Das Bundesverfassungsgericht lehnte gestern mehrere Anträge auf einstweilige Anordnung gegen das vielfach kritisierte Gesetz ab.

Die Kläger - verschiedene Privatpersonen und die Volksbank Raesfeld - hatten mit den Anträgen erreichen wollen, dass das Gesetz bis zu einem Urteil über ihre eigentlichen Verfassungsbeschwerden außer Kraft gesetzt wird. Die Karlsruher Richter stellten nun ausdrücklich fest, dass der Ausgang der Beschwerden selbst offen ist. Bei der in Eilverfahren üblichen Folgenabwägung seien die befürchteten Nachteile aber nicht so schwerwiegend, um eine einstweilige Anordnung zu erlassen, erklärte der Erste Senat.
Das Gesetz sollte ursprünglich nach dem Auslaufen der Amnestie für reuige Steuersünder Ende März in Kraft treten. Es erlaubt Finanzämtern, über eine Zentrale die Stammdaten eines Bankkunden zu ermitteln. Dazu gehören Name, Geburtsdatum, Anschrift sowie die Zahl der Konten und die zuständigen Kreditinstitute.
Erhärtet sich der Verdacht eines Steuerbetrugs, können die Finanzbehörden von den Banken gezielt eine Offenlegung der Konten verlangen. Auch das Sozialamt und die Arbeitsagenturen sollen Stammdaten bei den inländischen Kreditinstituten abfragen können.
Nach scharfen Protesten von Datenschützern, Politikern und Banken, die der Regierung vorwarfen, unter dem Deckmantel der Betrugsbekämpfung das Bankgeheimnis auszuhöhlen, hatte die Koalition ihr Vorhaben etwas entschärft: So müssen Bürger nachträglich informiert werden, wenn auf ihr Konto geschaut worden ist.
Nach einem Bericht der »Neuen Ruhr/Neuen Rhein Zeitung« ist die Bundesregierung ihren Kritikern inzwischen erneut entgegengekommen. Demnach bemüht sich das Bundesfinanzministerium darum, dass nun doch nicht jeder beliebige Finanzbeamte auf Knopfdruck die Konto-Stammdaten potenzieller Steuersünder abrufen darf. Vorgesehen sei, dass die zuständigen Sachbearbeiter sich vor dem Kontenabruf stets das Einverständnis ihres Vorgesetzten einholen müssten.
Da das Bundesfinanzministerium diese Weisung allerdings nicht direkt an die Finanzämter durchreichen dürfe, seien die Finanzministerien der Länder von Berlin nun aufgefordert worden, eine bundesweit einheitliche Regelung zu erarbeiten. Im Gespräch sei ein Formblatt, auf dem die Finanzbeamten ihren Vorgesetzten detailliert darlegen müssten, warum eine Kontenabfrage erfolgen solle.
Finanzminister Hans Eichel (SPD) begrüßte die positive Entscheidung des Gerichts zu den geplanten Kontenabfragen. Es gebe trotz weiterer Kritik von Datenschützern jetzt keinen Änderungsbedarf mehr an dem Gesetz.
Auch mit dem neuen Gesetz wird sich die Zahl der Steuersünder nach Einschätzung der Deutschen Steuergewerkschaft nur geringfügig ändern. »Die Hartnäckigen haben ihre Konten nicht in Deutschland, sondern im Ausland«, sagte der Bundesvorsitzende Dieter Ondracek.

Artikel vom 24.03.2005