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Klinsmann hat
noch ein paar
»Baustellen«

Ein Sieg und Sorgen vor der WM

Celje (dpa). Ein Spiel und seine Folgen: Während in Deutschland über mögliche Auswirkungen der Ausschreitungen von Celje auf die WM im kommenden Jahr diskutiert wird, muss Jürgen Klinsmann von den USA aus auch die sportlichen Probleme von Slowenien eindämmen.
Durchgesetzt: Torschschütze Lukas Podolski. Foto: dpa
Der Auswahl-Rückkehrer: Angreifer Oliver Neuville wird hier von Sead Filekovic verfolgt. Foto: dpa

In seiner Wahlheimat, in die der Bundestrainer direkt nach dem glücklichen 1:0-Sieg gegen die Nummer 44 der Welt zurückgekehrt war, arbeitet er nun an notwendigen Korrekturen für den Confederations Cup im Juni. Vom geforderten offensiven und aggressiven WM-Stil war im neunten Spiel unter Klinsmann erstmals nichts zu sehen.
Zunächst aber war die sportliche Aufarbeitung vom beschämenden Auftreten von etwa 200 gewaltbereiten deutschen »Fans« in den Hintergrund gedrängt worden. Schlägereien hatten zu 65 Festnahmen, darunter 45 aus Deutschland, zwei Verletzten und Sachschäden geführt. »Das ist absolut sinnlos und gefährlich. Das tut uns sehr, sehr leid, dafür schämen wir uns«, entschuldigte sich Bundestrainer Klinsmann bei den Slowenen und brachte zugleich seine Sorge um die Weltmeisterschaft 2006 zum Ausdruck: »Wir wollen die besten Gastgeber sein. Solche Krawallmacher machen uns das kaputt.«
Sportlich brachte der Auftritt in Celje Ernüchterung. Das offensive 4-4-3-System mit drei Stürmern ist zumindest mit diesem Personal gescheitert, wie Teammanager Oliver Bierhoff einräumte: »Im Nachhinein war es dieses Mal nicht das Richtige mit drei Spitzen. Die Tendenz der Trainer geht eher zum 4-4-2.« Die Rückkehrer Frank Baumann und Oliver Neuville konnten ihre Chance nicht nutzen. Zudem muss sich Klinsmann in der langen Länderspiel-Pause bis zur Partie am 4. Juni in Nordirland mit der neuen Baustelle Abwehr beschäftigen. Die junge Vierer-Kette um den England-Legionär Robert Huth verlor in der zweiten Spielhälfte vollkommen die Orientierung.
Zwar sicherte Klinsmann gerade den jungen Leuten weiter seine Unterstützung zu: »Wir haben immer gesagt, diese Spieler können Fehler machen. Nur wenn sie spielen und sich diese Erfahrungswerte raussaugen, können sie sich entwickeln.« Andererseits ist jetzt ein Comeback von Markus Babbel als zweitem Routinier neben Christian Wörns näher gerückt.
»Unter dem Strich bleibt: Wir haben gewonnen. Wir müssen das nur richtig einordnen. Wir sind noch nicht so gefestigt, wenn man mal einen Fehler macht«, kommentierte Ballack den sechsten Sieg in der Ära Klinsmann. »Man braucht in jedem Mannschaftsteil erfahrene Leute«, unterstrich Kahn, der die Gesamtentwicklung allerdings nicht gefährdet sieht. »Solche Spiele hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Die Italiener haben hier 0:1 verloren«, erklärte der Münchner Torhüter.
»Wir haben ein gesundes Grundgerüst. Jetzt gibt es noch genügend Zeit für die Spieler, sich in der Bundesliga oder Premier League weiter zu bestätigen«, gab sich Klinsmann mit Blick auf die am 15. Juni beginnende WM-Generalprobe weiter zuversichtlich. Zumindest in Mittelfeld und Angriff steht sein Personal. Neben Ballack sind Torsten Frings und Bernd Schneider erste Wahl im Mittelfeld, um die vierte Position kämpfen der Bremer Fabian Ernst und - als offensivere Variante - Bayern-Youngster Bastian Schweinsteiger.
Im Angriff sind Kevin Kuranyi und Gerald Asamoah erste Wahl. Neben Podolski hat auch der gegen Slowenien enttäuschende Miroslav Klose einen Platz im Kader sicher. »Die Testphase wird beim Confederations Cup abgeschlossen sein«, bestätigte Bierhoff, dass dann das Ergebnis im Vordergrund steht. Das Turnier eigne sich »nicht zum Experimentieren«. Bei der WM-Generalprobe, bei der die deutsche Mannschaft in der Vorrunde auf Australien (15. Juni in Frankfurt), Tunesien (18. Juni in Köln) und Argentinien (21. Juni in Nürnberg) trifft, erwartet auch Klinsmann ein ganz anderes Auftreten als in Slowenien: »Wir wollen beim Confed-Cup eine starke Rolle spielen.«

Artikel vom 29.03.2005