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Ex-Manager unter Betrugs-Verdacht

Landmaschinenfabrik um 800 000 Euro geprellt? - Staatsanwaltschaft Paderborn ermittelt

Von Hubertus Hartmann
Salzkotten/Paderborn (WB). Ein ehemaliger Manager hat die Franz Kleine Engineering- und Vertriebs GmbH offenbar um 800 000 Euro betrogen. »Er hat die Firma ausgenommen wie eine Weihnachtsgans«, sagt Anwalt Gerrit Werner aus Spenge.

Die Staatsanwaltschaft Paderborn ermittelt gegen Ex-Geschäftsführer Dr. Harald N. (54) wegen Betruges und Untreue.
Einst setzte die Landmaschinenfabrik Kleine in Salzkotten 70 Millionen Euro um und beschäftigte 530 Mitarbeiter. Nach mehreren Insolvenzen hat das Unternehmen heute noch 120 Beschäftigte und ist ganz in der Hand russischer Gesellschafter. Sie hatten vor drei Jahren Dr. Harald N. zum Geschäftsführer bestellt. Mittlerweile ist der umtriebige Kaufmann fristlos gefeuert worden. Wirtschaftsprüfer stellten fest, dass »er sich in vielfältiger Weise strafbar und zivilrechtlich haftbar gemacht hat«, wie Rechtsanwalt Werner es ausdrückt, »er ist kriminell.«
Neben seinem Geschäftsführergehalt hatte sich N. noch andere Einnahmequellen im Unternehmen erschlossen. So gründete seine Ehefrau 2003 eine Import/Export-Firma. Diese bezog über Geschäftsführer Harald N. von Kleine 15 Rüben-Erntemaschinen zum Stückpreis von 250 000 Euro und lieferte die Geräte mit jeweils 15 000 Euro Aufschlag nach Russland weiter. »Dieses Geschäft hätte Kleine natürlich auch direkt mit den Russen machen können«, sagt Werner. Für 306 000 Euro kaufte die Firma von Kleine zwei weitere Maschinen - sie sind bis heute nicht bezahlt.
Buchhaltung und Datenverarbeitung ließ die Maschinenfabrik extern für 30 000 Euro pro Monat von einer Servicegesellschaft machen, die wiederum Harald N. selbst gehört. Die komplette Datenbank soll er sich im Zuge der Insolvenz zuvor gesichert haben. Zudem soll sich N. als Kleine-Geschäftsführer 100 000 Euro Reisekostenvorschuss sowie 123 000 Euro an Tantiemen widerrechtlich ausgezahlt haben.
»In einem Zivilverfahren vor dem Landgericht Paderborn beteuerte N. gestern: »Ich habe mir nichts vorzuwerfen, die Anschuldigungen entbehren jeder Grundlage.« Trotzdem stimmte er wenig später einem Vergleich zu und erkannte Forderungen Kleines gegen sich persönlich und gegen die Firma seiner Ehefrau über insgesamt 790 000 Euro an.
Pikanter Randaspekt des Wirtschaftskrimis: Harald N. fungierte vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Juli 2004 selbst als ehrenamtlicher Handelsrichter am Landgericht.

Artikel vom 23.03.2005