23.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bankräuber wurde zehn
Jahre nach der Tat bestraft

Polen-»Stammtisch« schlug in Jöllenbecker Sparkasse zu


Bielefeld (uko). Einigen nicht eben gesetzestreuen Einwohner des polnischen Städtchens Zielona Gora (früher Grünberg) galt Bielefeld in den 90er Jahren als lohnenwertes Ziel für Banküberfälle. Einer der Teilnehmer des damaligen »Bankräuber-Stammtisches« musste sich gestern wegen eines Überfalls im Jahr 1995 vor dem Landgericht verantworten. Der Mann kam ein Jahrzehnt nach der Tat mit zwei Jahren Bewährungsstrafe davon.
Nicht weniger als viermal wurde bis Mitte der 90er Jahre allein eine Filiale der Sparkasse Bielefeld in Jöllenbeck von Bankräubern heimgesucht. Nachweislich in drei Fällen waren die Täter Mitglieder des so genannten »Stammtisches« in Zielona Gora, das unweit der deutsch-polnischen Grenze liegt.
Am 22. September 1995 war ein bewaffneter Mann maskiert in die heute geschlossene Zweigstelle an der Spenger Straße gestürmt, hatte mit einer Waffe eine Angestellte bedroht und Geld gefordert. Die Kassiererin reagierte zunächst nicht. Als jedoch der Räuber einen Kunden mit einem Arm in den Schwitzkasten nahm und seinem Opfer die Mündung der Pistole an den Kopf presste, stopfte die Frau 38 000 Mark in eine Plastiktüte. Der Räuber verschwand unerkannt.
Ein Zufall löste eine erfolgreiche Fahndung aus, die sich über ein Jahrzehnt hinzog: An der deutsch-polnischen Grenze wurde zwölf Stunden nach dem Überfall ein roter Toyota Celica auf ein Radarfoto gebannt, der zuvor in Jöllenbeck identifiziert worden war. Ein Insasse war der Pole Krzysztof J., der dann im Jahr 1998 von der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld auch wegen mehrerer Banküberfälle zu insgesamt acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
Auch nach dem Fahrer wurde schon damals mit einem internationalen Haftbefehl gefahndet. Allerdings blieben die Ermittlungen bis zum 24. Oktober 2004 vergeblich. Doch als der Pole Krzysztof S. an jenem Tag bei Frankfurt/Oder legal die Grenze nach Deutschland überschreiten wollte, schnappten auch bei ihm die Handschellen zu. Grenzbeamte hatten den 47-jährigen Kfz-Mechaniker als den gesuchten Bankräuber identifiziert. Bis gestern saß der Pole zunächst einmal in Untersuchungshaft.
Über seinen Rechtsanwalt ließ S. schließlich eine Erklärung verlesen, die in dem Prozess nicht mehr zu widerlegen war. 1995 sei er von Freunden zu der Fahrt nach Jöllenbeck überredet worden. Angeblich habe man Gebrauchtwagen kaufen wollen. Ihre wahre Absicht hätten die späteren Komplizen ihm erst während der Fahrt offenbart. Für seine Teilnahme, das Warten im Pkw, habe er 400 Mark Anteil bekommen. Zeugen? Fehlanzeige.
Nach dem Strafantrag von Staatsanwalt Franz-Josef Weber verurteilte die 9. Große Strafkammer den Polen wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung zu zwei Jahren Haft. Der Rest der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Krzysztof S. wurde aufgegeben, Deutschland sofort zu verlassen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Artikel vom 23.03.2005