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»Das Opfer steht im Mittelpunkt«

Netz der Trauma-Ambulanzen in Nordrhein-Westfalen wird ausgebaut

Gerhard Hösel: psychische Spätfolgen verhindern.

Bielefeld/Paderborn/Münster (WB/dpa). Kriminalitätsopfer in Nordrhein-Westfalen finden voraussichtlich noch in diesem Jahr Jahr flächendeckend Hilfe nach Gewalttaten. In Hemer oder Lüdenscheid soll eine weitere Trauma-Ambulanz entstehen, teilte die Bezirksregierung Münster gestern mit. Damit solle sich eine Versorgungslücke im Sauer- und Siegerland schließen. Bislang gebe es in Nordrhein-Westfalen 19 Opferambulanzen, wo speziell geschulte Psychologen die Opfer von Kriminalität bereits kurz nach der Tat betreuen - und damit oft psychische Spätfolgen verhinderten. In Ostwestfalen-Lippe gibt es diese Ambulanzen in Bielefeld und Paderborn.
2004 wurden landesweit 503 Menschen behandelt - ein Jahr zuvor waren es bei damals elf Ambulanzen noch ein Drittel weniger. »Der Weg, den NRW als einziges Bundesland in Deutschland bei der Opferbetreuung geht, ist richtig«, sagte Gerhard Hösel, Leiter der NRW-Versorgungsverwaltung bei der Bezirksregierung Münster, anlässlich des Europäischen Tages des Kriminalitätsopfers am 22. März. »Der alte Vorwurf, der Staat kümmere sich mehr um die Täter als um die Opfer, geht bei uns an der Wirklichkeit vorbei.«
Die Versorgungsverwaltung NRW mit ihren elf Versorgungsämtern, Polizei, Trauma-Ambulanzen und der »Weiße Ring« seien ein starkes Netzwerk für die Opfer. Die Hilfe greife oft schon wenige Stunden nach der Tat. »Wir müssen erkennen, wann ein Mensch die ihm widerfahrene Gewalt wahrscheinlich selbst verarbeiten kann, und wann wir früh eingreifen müssen, um Spätfolgen zu verhindern«, sagte Christine Bünker, Opferschutzbeauftragte des Polizeipräsidiums Münster.
Jedes Jahr werden den Angaben zufolge 50 000 Menschen in Nordrhein-Westfalen Opfer einer vorsätzlichen Gewalttat. Während die meisten davon das Erlebnis gut verarbeiten und schließlich vergessen könnten, leiden manche Menschen an Spätfolgen - sie erinnerten sich immer wieder an die Gewalttat oder mieden den Ort des Geschehens. Eine schnelle Therapie könne diese Folgen erfahrungsgemäß lindern oder sogar vermeiden helfen. 70 Prozent der Patienten, die sich nicht um die Finanzierung kümmern müssten, benötigten nur knapp fünf Therapiestunden.

Artikel vom 22.03.2005