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Der Fall Schiavo

Im Zweifel für das Leben?


Wer Bilder von Terri Schiavo sieht, kann verstehen, dass sich ihre Eltern mit allen Mitteln für die Fortsetzung der Zwangsernährung einsetzen. Das Gesicht der Frau zeigt Regungen, ihre Augen sind geöffnet. Auch wenn alle Ärzte es anders sehen: Für die Eltern ist Terri nicht verloren. Deshalb kämpfen sie für ihr Kind - gegen dessen Ehemann, der glaubt, Terri hätte sich, wenn sie es denn könnte, längst ein friedliches Ende gewünscht. Beiden Seiten darf unterstellt werden, dass sie das Beste für die Frau wollen.
So ist es denn auch nicht der Familienstreit, der verstört. Es ist vielmehr der Umstand, wie verbissen und unversöhnlich Amerika die Diskussion um dieses zutiefst private Drama führt. Erneut tritt zutage, wie gespalten die Nation unter der Regierung des George W. Bush ist.
»In Fällen wie diesen, in denen es schwerwiegende Fragen und substanzielle Zweifel gibt, sollten unsere Gesellschaft, unsere Gesetze und unsere Gerichte von einer Annahme zu Gunsten des Lebens ausgehen«, forderte der republikanische Präsident nun für Terri Schiavo. Als er vor zwei Jahren gegen den Diktator Saddam in den Krieg zog, räumte er Zweifel beiseite, dass der Konflikt möglicherweise anders zu lösen sei. Im Irak wurde seitdem tausendfach gestorben. Im Zweifel für das Leben? Ingo Steinsdörfer

Artikel vom 22.03.2005