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»Urteil schlimmer, als befürchtet«

Ärzte zum Praxisgebühr-Entscheid

Düsseldorf (AP). Im bundesweit ersten Verfahren gegen einen Verweigerer der Praxisgebühr hat das Düsseldorfer Sozialgericht gestern einen 49-jährigen Mann zur Zahlung der Zehn-Euro-Pauschale verurteilt.

Nach Auffassung des Gerichts sind die Kassenärztlichen Vereinigungen dafür zuständig, die Gebühr stellvertretend für die Ärzte von säumigen Patienten einzuklagen. Mahn- und Portokosten können die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht geltend machen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Praxisgebühr bestehen nach Ansicht des Gerichts nicht.
In dem Musterprozess ging es im Kern um die Frage, ob die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) für das Einklagen der Gebühr zuständig sind, obwohl die Praxisgebühr den Krankenkassen zugute kommt. In seinem Urteil verwies das Gericht auf den Bundesmanteltarifvertrag für Ärzte, der zwischen den KVs und den Krankenkassen geschlossen wurde. Dieser weise den Vereinigungen die Zuständigkeit für das Einklagen der Praxisgebühr zu.
Ein Vertreter des Klägers, der KV Nordrhein, zeigte sich enttäuscht: »Es ist noch schlechter, als wir befürchtet hatten«, sagte Klaus Enderer. Die derzeitige Regelung laufe darauf hinaus, dass die Ärzte für ihre säumigen Patienten aufkommen müssten. »Die Ärzte werden vermutlich noch mehr Schwierigkeiten haben, die zehn Euro einzuziehen. Das Urteil öffnet Tür und Tor, die Gebühr nicht zu bezahlen.« Enderer verwies auf Kosten von vier Millionen Euro, die seine Vereinigung aufbringen müsse, um die Praxisgebühr von allen 235 000 Zahlungsverweigerern einzutreiben: »Wenn wir all die Prozesse führen würden, dann würden wir auf 3,5 Millionen Euro Gerichtskosten und 500 000 Euro Verwaltungskosten sitzen bleiben.« Pro Klage falle eine Prozessgebühr von 150 Euro an. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe kündigte an, ausstehende Praxisgebühren vorerst nicht mehr einzuklagen.
»Wir werden alle Energie aufwenden, um die Verantwortung loszuwerden und dieses Verfahren den Krankenkassen zuzuschieben.« Vorbild sei die Regelung im zahnmedizinischen Bereich, in dem die Krankenkassen bereits für das Einziehen der Gebühren zuständig seien. Der beklagte Patient hatte sich im April 2004 in einer Düsseldorfer Gemeinschaftspraxis behandeln lassen und die Gebühr trotz Mahnungen nicht bezahlt, da er sich in einer finanziellen Zwangslage befinde.

Artikel vom 23.03.2005