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Die spinnen,
die GriechenVon Oliver Kreth


Da kann man es nur mit Obelix halten: Die spinnen, die Griechen. Zumindest die Entscheider im nationalen Leichtathletikverband SEGAS. Die Sprinter Konstantinos Kenteris und Ekaterini Thanoun wurden freigesprochen, Christos Tzekos gibt den Watschenmann. Für diese Rolle erfüllt er allerdings auch alle Voraussetzungen.
Der Mann warb im Internet auf seiner Web-Site für Substanzen, die auf der Doping-Verbotsliste stehen. Er ist als Trainer ein Autodidakt. Ende der 80er Jahre hielt er sich drei Jahre lang in den USA auf. Dort habe er die ersten Kontakte mit US-Coaches aufgenommen und dabei »vieles gelernt«, berichtete die Zeitung »TO WIMA« 2004.
1992 kehrte er in seine Heimat zurück, wurde Vertreter einer US-Firma für Nahrungsergänzungsmittel. 1992 übernahm Tzekos die Betreuung von Thanou und hatte mit ihr die ersten Erfolge. 1999 kam Kenteris hinzu, der damals vor dem sportlichen Aus stand. Innerhalb nur eines Jahres verwandelte Tzekos den Fast-Aussteiger in einen Olympiasieger von Sydney. Tzekos ist nicht nur Trainer sondern auch Mentor, Sportmanager und Berater in allen Lebenslagen. Er bestimmt, was seine Athleten denken, sagen und essen dürfen.
Seinen ersten Auftritt als Doping-Schutzschild hatte Tzekos, als er 1997 in Dortmund einen deutschen Kontrolleur handgreiflich daran hinderte, seine Trainingsgruppe zu testen. Die Griechen flüchteten, der Coach wurde vom Leichtathletik-Weltverband IAAF für zwei Jahre gesperrt. Im selben Jahr war das Wundermittel auf zwei Beinen noch in einen anderen Skandal verwickelt. AEK Athen hatte ihn als Berater eingestellt. Doch der Mannschaftsarzt des Fußball-Klubs warf ihn raus, als er beim Versuch erwischt wurde, einem Spieler eine Spritze zu setzen. Der damalige AEK-Trainer, Giannis Pathiakakis, nannte Tzekos einen »Leichtathletik-Atomwissenschaftler«.
In Griechenland waren die Trainings- und Reisepläne (Kurztrips mit Zeitverschiebung kurz vor dem Saisonhöhepunkt gelten nicht als leistungsfördernd) von Tzekos und seinen Athleten in den Monaten vor Olympia ein Tabu-Thema, sollten sie doch Heldengeschichten und keine Tragödien schreiben. Nach dem Skandal um die versäumte Kontrolle und den Motorradunfall in Athen rückte das Trio ins Zwielicht.
Eine Schuld bei den Athleten sah die SEGAS jetzt nicht. Ist die Behauptung, Tzekos habe seine Athleten nicht informiert, schon unglaubwürdig, so hätte die SEGAS doch bei der Staatsanwaltschaft in Athen nachfragen können, warum sie Kenteris und Thanou wegen des Motorradunfalls anklagt. Denn den hat's nicht gegeben. Aber anscheinend braucht die griechische Leichtathletik Helden. Egal wie schmutzig sie sind.

Artikel vom 22.03.2005