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Eichinger erntet nur Buh-Rufe

»Parsifal«-Inszenierung in Berlin

Berlin (dpa). Es war kein Untergang, aber ein Triumph sieht anders aus: Für seine »Parsifal«-Inszenierung hat Operndebütant Bernd Eichinger in Berlin heftige Kritik einstecken müssen. Der Regisseur und Filmproduzent ertrug am Samstag stoisch die Buhrufe vieler Premierenzuschauer an der Staatsoper Unter den Linden.

Für seinen Ausflug in die Opernwelt hatte sich Eichinger einiges vorgenommen. Das »Bühnenweihfestspiel« ist Richard Wagners wohl sperrigste Oper. Mit seiner Geschichte um die Gralsritter, den leidenden Gralskönig Amfortas und den »edlen Tor« Parsifal, der ihn von seinem Schmerz erlösen soll, zimmerte sich Wagner eine Privatreligion mit vielen Bezügen zu Kulturgeschichte und Theologie zusammen.
Kinomann Eichinger setzt bei seiner Produktion auf bewegte Bilder. Während das Orchester zum satten Wagner-Klang anhebt, laufen die ersten Filmschnipsel: Wie im Planetarium funkeln die Sterne, die blaue Erde kreist am Firmament. Schnell kocht die Wut der Wagnerianer hoch: »Provinztheater, Rampentheater« rufen die ersten noch während der Aufführung. Im Graben wummern Trompeten und Posaunen, auf der Leinwand sieht es aus wie in Stanley Kubricks Kultfilm »Odyssee im Weltraum«. Als sich der Vorhang hebt, kommt ein dunkler, germanischer Wald zum Vorschein (Bühnenbild: Jens Kilian).
Doch bald schiebt sich eine Flut von Feuerfontänen und Explosionen, Stürmen und Erbeben vor die Szene. Es sind Bilder von untergehenden Zivilisationen, einstürzenden Hochbauten und Palästen. Zu jedem Seelenzustand zeigt Eichinger Videos und degradiert Wagners Musik zum Soundtrack. Er lässt die Musik nicht aufs Bühnengeschehen überspringen. Die stimmlich fabelhaften Darsteller singen gegen eine Bilderflut an.
Am Ende landen Gurnemanz und Kundry als Obdachlose im Central Park. Es schneit und glückliche Familien spazieren vor New Yorks Stadtbild. Die einst so stolzen Gralsritter lungern als Rocker und Punks auf einer Tribüne. Sie pöbeln den siechenden Amfortas an, schwingen Baseballschläger. Erst als Parsifal ihn mit seinem Speer vom Leid erlöst, beruhigt sich die Gang. Dann aber buhen die Zuschauer. Begeisterung gilt nur dem Orchester von Chefdirigent Daniel Barenboim, dem Chor und den Sängern.

Artikel vom 21.03.2005