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Kraniche ziehen später

Nach langem Winter zurück in europäische Brutgebiete

Von Wolfgang Schäffer
Bielefeld (WB). Der Winter war lang und hart. Aus diesem Grund ziehen auch die Kraniche erst jetzt und damit fast vier Wochen später als in den Jahren zuvor wieder zurück in ihre Brutgebiete.

Es ist ein mehrere tausend Kilometer langer kräftezehrender Zug, den die Graukraniche (wissenschaftlich Grus grus) zurücklegen, um aus ihren Winterquartieren zurück zu den Brutplätzen zu gelangen. Und doch sind die Wege inzwischen weitaus kürzer als noch vor etwa 40 oder auch 50 Jahren. Die Gründe dafür liegen in den vielfältigen »künstlichen Schlafplätzen«, an denen sich die Kraniche in Spanien und Südfrankreich niederlassen konnten. Bei für sie idealen klimatischen Bedingungen überwintern die bis zu 1,30 Meter großen, langbeinigen und langhalsigen Schreitvögel mit der auffälligen roten federlosen Kopfplatten an Stauseen oder in verlassenen Braunkohle-Tagebaugebieten.
Die Rede ist hier von den etwas mehr als 100 000 Tieren, die auf der westeuropäischen Zugroute zwischen Mitteleuropa, Skandinavien und zunehmend auch den baltischen Staaten und den wärmeren Gefilden im Süden unterwegs sind. Der osteuropäische Weg für Kraniche aus Finnland, Westrussland und Polen über Ungarn nach Nordostafrika. War der Norden Afrikas früher überwiegend Sammelpunkt der Grus grus, überwintern inzwischen bis zu 70 000 dieser Vögel in Spanien und 30 000 in Frankreich. Nur noch wenige tausend fliegen weiter bis nach Afrika.
In Europa brüten etwa 50 000 Kranichpaare in einem geschlossenen Gebiet, das von der Elbe in Deutschland über Skandinavien, das Baltikum, Polen, die Ukraine, Weißrussland und Russland reicht.
Der Lebensraum der Kraniche wird indessen sowohl an den Brutplätzen als auch in den Winterquartieren mehr und mehr zerstört. Europaweit bemühen sich Organisation um den Schutz der Vogelart.
Eindrucksvoll hat Carl-Albrecht von Treuenfels, ehemaliger Präsident des WWF Deutschland, das Leben der Kraniche in dem Buch »Zauber der Kraniche« (Knesebeck) in Wort und Bild festgehalten.

Artikel vom 19.03.2005