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Damit der Gebrauchte viel Freude macht

Experte des TÜV Rheinland gibt jede Menge nützliche Tipps, die es zu beachten gilt

6,6 Millionen Pkw wechselten im vergangenen Jahr in Deutschland laut Kraftfahrt-Bundesamt ihren Besitzer. Allein im Januar 2005 stellten sich mehr als 500 000 Menschen einen neuen Gebrauchten in die Garage.
Der Blick unter die Motorhaube allein reicht zur Begutachtung nicht aus. Zudem entdeckt der Laie dabei ohnehin kaum ein wirkliches Problem. Foto: HDI

Ê Damit Gebrauchtwagenkäufer bei dem riesigen Angebot nicht unter die Räder kommen oder Blendern zum Opfer fallen, gibt Gerd Mylius, Kraftfahrtexperte des TÜV Rheinland, zahlreiche nützliche Tipps: »Zunächst sollte das Fahrzeug auf eventuelle Unfallschäden überprüft werden. Technische Laien nehmen zur Erstbesichtigung besser eine zweite Person mit, denn vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei.« Der optische Check erfolgt am besten bei Tageslicht und trockenem Wetter - bei Nässe lassen sich etwa Lackschäden nur schlecht er-kennen. Auch sollte das Auto gewaschen sein, Schmutz kann matte Stellen oder Hagelschäden kaschieren. Ein kritischer Blick gilt zunächst den Spaltmaßen an Türen und Hauben. Erhebliche Abweichungen lassen auf einen Unfallschaden schließen. Im Kofferraum Gummimatten hochheben und Blech sowie Schweißnähte auf Unregelmäßigkeiten untersuchen. Falten deuten ebenfalls auf eine Reparatur nach einem Crash hin.
Nachträglich montierte Chromleisten und Unterbodenschutz an Kotflügel- oder Schwellerkanten können Korrosion kaschieren. Vermeintliche Schönheitsfehler wie kleine Pickel oder blasenförmige Lackerhebungen haben mitunter teure Karosseriearbeiten zur Folge, wenn im Verborgenen der Rostfraß wütet.
Beim Reifencheck auf Beschädigungen und Profiltiefe achten. 1,6 Millimeter sind zwar noch zulässig, Sommerreifen sollten aber mindestens drei, Winterreifen vier Millimeter haben. Ansonsten ist in absehbarer Zeit ein neuer Reifensatz einzukalku-lieren. Stark einseitig abgefahrene Pneus sind die Folge einer fehlerhaften Fahrwerkseinstellung.
Wenn möglich, mit der Taschenlampe Bremsscheiben und -beläge überprüfen. Weist die Scheibe tiefe Riefen auf, ist bald ein Austausch fällig. Besondere Aufmerksamkeit dem Auspuff widmen, denn wenn der Kat defekt ist, wirdÕs teuer. Deshalb bei laufendem Motor das Endrohr mit einem Lappen zuhalten. Rumort es unterm Auto, ist die Anlage undicht.
Die Beleuchtung ringsum auf Funktion überprüfen. Das Augenmerk sollte zudem Steinschlagschäden, Glasrissen oder -sprüngen, beschlagenen oder blinden Reflektoren gelten. Bei den meisten Autos lassen sich nur noch ganze Komponenten austauschen - das geht ins Geld.
Dem Rundgang ums Auto folgt der Blick unter die Motorhaube: hier insbesondere auf Korrosion an den Seitenwänden und im Batteriebereich achten.
Der Zustand der Schmiermittel gibt Aufschluss über den Pflegezustand des Motors. Deshalb: Ölstand kontrollieren. Bei pechschwarzer Brühe geht der fällige Wechsel sonst zulasten des neuen Besitzers. Die Kilometereintragung auf demÊ Ölzettel muss zur Laufleistung auf dem Tachometer passen. Wachsamkeit ist bei Unstimmigkeiten angesagt. Daher: Stempel im Serviceheft prüfen. Anschließend Kühlflüssigkeit im Überlaufbehälter checken. Ist dieser leer, deutet das auf ein Leck im System hin. Bei der Kontrolle der Bremsflüssigkeit im Vorratsbehälter kommt es nicht allein auf den korrekten Pegelstand an. Wichtig ist auch der regelmäßige Wechsel, der im Serviceheft kontrolliert werden kann.
Im Innenraum alle Elektro-Helfer wie Scheibenheber, Gebläse, Wischer/Wascher, Sitzheizung, heizbare Heckscheibe oder das Radio auf Funktionstüchtigkeit über-prüfen. Die Sicherheitsgurte müssen sich einwandfrei aufrollen lassen und dürfen nicht beschädigt sein. Schließlich die Wirkung der Handbremse anhand der Rastergeräusche kontrollieren: Bei vier sollte der Stopper volle Wirkung zeigen.
Bei der Probefahrt ist Folgendes zu beachten: Läuft der Motor rund, reagiert spontan aufs Gaspedal? Lässt sich das Getriebe lautlos schalten? Läuft der Wagen exakt geradeaus? Bleibt das Auto beim Bremsen inÊder Spur? Rutscht die Kupplung? Zieht das Fahrzeug eine Qualm-wolke hinter sich her? Dröhnt der Auspuff? Reagiert die Lenkung »schwammig«? Vibriert das Lenkrad? Ein Springen der Räder in Kurven deutet auf defekte Stoßdämpfer hin.

Artikel vom 19.03.2005