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Die Geschichten aus dem
Wienerwald: Hendl & Co.

Vor 50 Jahren begann die Karriere des Grillhähnchens


Bielefeld (WB). »Heute bleibt die Küche kalt - wir gehen in den Wienerwald.« Dieser Satz ist ein Werbeslogan mit nahezu ewiger Gültigkeit. Vor 50 Jahren gründete der Selfmademan und Ex-Kellner Friedrich Jahn den »Wienerwald« - eines der Hendl-Restaurants gab es auch bis in die 1970er Jahre an der Bielefelder Bahnhofstraße.
Jahn (1923-1998) wurde Multimillionär - und rutschte 1982 in die Pleite. Tochter und Schwiegersohn retteten einige wenige Betriebe in eine eigene Firma, so gibt es zum Beispiel in München noch 15 »Wienerwald«-Restaurants. Und auf dem Oktoberfest sowieso - da sind Hendl schließlich traditionelle Brotzeit.
Das Konzept war überall gleich - und es kam auch in Bielefeld gut an: Grillhendl samt Beilagen zu günstigen Preisen. In den »Wienerwald« zu gehen, das konnte sich in den Blütezeiten jedermann leisten. Hauptsache, man vergriff sich nicht an den Snacks, die auf jedem Tisch bereit standen - und deren Verzehr die Rechnung in ungeahnte Höhen treiben konnte. Was auf der Karte stand, war überall identisch, ob man nun in Köln oder Bielefeld bestellte. Und Kinder liebten krosse Hühnerhaut und heiße Kartoffelstäbchen.
Jahn Konzept lautete anfangs in der Gründungsphase: »Weißes Fleisch und leichter Wein«, seine Spezialität war Hühnersuppe. Dann natürlich Grillhähnchen, die sich dutzendfach an Spießen drehten, begehrlichen Blicken ausgesetzt. Nachdem die allerersten Restaurants ihm das Geld nur so in die Taschen spülten, träumte Jahn von 1000 Betrieben. In den Hoch-Zeiten schaffte er das: 1600 Betriebe mit 27 000 Mitarbeitern, 883 Filialen in den USA.
Er nahm Millionenkredite auf, haftete mit seinem persönlichen Vermögen. Die Münchener Millionärin Renate Thyssen kaufte 1982 seine deutschen und österreichischen Betriebe. 1986 holt sich Jahn einen Teil des Hendl-Imperiums zurück, 1988 muss er sich aber endgültig davon trennen.
Da gab es den »Wienerwald« an der Bahnhofstraße mit seiner folkloristischen Holzeinrichtung schon nicht mehr.

Artikel vom 18.03.2005