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Krebskranke Frau siegt vor Gericht

»Es geht um Leben und Tod« - Krankenkasse muss Behandlungskosten zahlen

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). Mit Hilfe der Justiz musste eine 54 Jahre alte Frau aus Paderborn um ihr Leben kämpfen. Erst nach einer Klage beim Detmolder Sozialgericht erklärte sich die Krankenkasse bereit, die Kosten von 25 500 Euro für eine Krebsbehandlung zu übernehmen.

Doris A. hatte Ohrenschmerzen. Der Arzt stellte eine Zyste im Gehörgang fest. Im August vergangenen Jahres wurde die 54-jährige Paderbornerin in den Städtischen Kliniken Bielefeld operiert. Der Schock kam nach der routinemäßigen Untersuchung des entfernten Gewebes - die scheinbar harmlose Zyste erwies sich völlig überraschend als bösartiges Krebsgeschwulst, ein sehr seltenes so genanntes adenoid-zystisches Karzinom. Normalerweise geht dieser Tumor von den Speicheldrüsen aus. Er gilt als schnell wachsend und aggressiv, die Gefahr eines Rückfalls und von Metastasen ist erheblich.
»Aufgrund der geringen Fallzahl gibt es keine großen klinischen Studien mit hohen Patientenzahlen«, erläuterte der Chefarzt der Bielefelder Hals-, Nasen-, Ohrenklinik, Prof. Dr. Elias. Deshalb riet er auch dringend zu einer Neutronenbestrahlung. Das einzige Therapiegerät in ganz Europa für diese ganz spezielle und sehr teure Behandlung steht im Universitätsklinikum Essen.
Doch die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK), bei der Doris A. versichert ist, stellte sich stur. Sie lehnte die Kostenübernahme für die möglicherweise lebensrettende Maßnahme ab, da diese »nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt« sei. Zwei Gutachten des Medizinischen Dienstes und auch der Widerspruchsausschuss bestätigten zusätzlich die Rechtsauffassung der Krankenkasse.
Der Bad Lippspringer Patientenanwalt Olaf Schmitz kann diese starre Verweigerungshaltung nicht nachvollziehen. »Hier geht es schließlich um Leben und Tod«, sagt er. »Jede weitere Verzögerung vergrößert die Gefahr des Tumorwachstums und der Metastasenbildung.« Erst als Schmitz beim Sozialgericht Detmold eine einstweilige Verfügung auf Kostenübernahme für die Neutronentherapie beantragte, lenkte die Krankenkasse ein.
Die erste Behandlung in Essen hat Doris A. inzwischen hinter sich. Nachdem sie wegen ihrer ständigen Angst bereits Psychopharmaka nehmen musste, hat sie nun neue Hoffnung, den heimtückischen Krebs endgültig zu besiegen.

Artikel vom 25.03.2005