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Harry Rowohlts
heitere Briefe

Neues Buch zum 60. Geburtstag

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Ostern und die Sommerzeit fallen diesmal zusammen. Noch besser: Ebenfalls am 27. März hat der Penner aus der »Lindenstraße« Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch zum 60., Harry Rowohlt! Und zum neuen Buch!

Manche Leute, über die unser Geburtstagskind stets bittere Tränen vergießt, können das Fernsehen nicht von der Wirklichkeit unterscheiden und bieten dem vermeintlich Obdachlosen ein Dach überm Kopf an. Solche Leute kommen vor im neuen Buch.
Welche noch?
Leute, die ihn fragen, ob er was mit dem »Rohwollt-Verlach« zu tun habe, und ob er mal seine Beziehungen spielen lassen könne. (Antwort, sinngemäß: Hat er nicht, kann er nicht, und noch so 'ne Anfrage, und es setzt Hiebe!)
Superbekannte Leute tauchen hier ebenfalls auf, zum Beispiel Thekla Carola Wied, die immer mit Witta Pohl verwechselt wird, und Witta Pohl kommt nicht vor, dafür ihr Ehemann, denn der ist Harry Rowohlts Zahnarzt. Oder Michael Naumann. Der war mal Kulturstaatsminister und ist jetzt nur noch »Zeit«-Herausgeber. Sagt also Mike Naumann zu Art Spiegelman: »Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert.« Aber das könne Artie wohl kaum verstehen. Sagt Art Spiegelman zu Mike Naumann: »Once the reputation's shot, you get away with quite a lot.« Artie, der also doch alles kapiert hat, hat die »Maus«-Comic gezeichnet und war mal Partygast bei Harry.
Anna Mikula, Journalistin und eine gute Bekannte des begnadeten Übersetzers (»ich bin gar nicht eitel, ich bin nur sehr, sehr gut«), stellt eine überaus humorige Auswahl von Briefen aus den Jahren 1966 bis 2004 vor, deckt also die gesamte Bandbreite von »Lehre bei Suhrkamp« bis zum sagenhaften Alfred-Polgar-Lesebuch ab, das Harry Rowohlt ediert hat. Englische Originale werden (fast) immer übersetzt und der Vergleich ist ein Lesevergnügen für sich.
Kennen Sie Elke Heidenreich und Fritz Pleitgen? Wenn nicht, kaufen Sie sich besser ein anderes Buch. Kennen Sie wenigstens die Beatles und Sophia Loren? Holen Sie sich dieses Buch!
P.S.: Sind Sie jetzt enttäuscht, weil wir Harrys Werdegang nicht skizziert haben? Schlagen Sie dieses Buch auf: Steht alles drin. Sie erfahren ohnehin, wie Harry Rowohlt tickt, sobald Sie in der von ihm übersetzten Literatur schmökern. Heißer Tipp: Flann O'Brien.
Harry Rowohlt: »Der Kampf geht weiter! Nicht weggeschmissene Briefe«; Kein&Aber-Verlag Zürich, 464 Seiten, 22,80 Euro.

Artikel vom 25.03.2005