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Suchtstoffe in Zigaretten

Krebsforscher beklagen Praxis der Tabakindustrie

Berlin (dpa). Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) fordert ein »Reinheitsgebot« für Tabakprodukte. Der Zusatz Krebs erregender Substanzen müsse endlich verboten werden, sagte DKFZ-Experte Heinz Walter Thielmann gestern in Berlin.

Dies gelte auch für Stoffe wie Zucker und Aromen, bei deren Verbrennung Krebs erregende Verbindungen entstehen. Das Verhalten der Hersteller sei nach deutschem Recht strafbar und eine Klage dagegen deshalb sehr wahrscheinlich, sagte der Jurist Michael Adams vom Hamburger Institut für Recht der Wirtschaft.
Die Tabakindustrie verstärke mit Zusätzen gezielt und wissentlich das Suchtpotenzial von Zigaretten, sagte die DKFZ-Wissenschaftlerin Martina Pötschke-Langer. Dies gehe aus internen Dokumenten der Tabakmultis hervor, die das DKFZ jetzt in dem Band »Die Tabakindustriedokumente I« veröffentlicht habe.
Besonders erschütternd sei, dass die Industrie speziell auf Kinder und Jugendliche abgestimmte Werbestrategien und Produkte entwickle. Zusätze wie Menthol ermöglichten ein tiefes Inhalieren des ansonsten schmerzhaften Zigarettenrauches, mit Zucker werde der strenge Tabakgeschmack überdeckt. »Ein lebenslanger Raucher bringt Netto 40 000 Dollar«, begründete Adams den verkaufsfördernden Einsatz der Hersteller.
Die Tabakverordnung erlaube seit 1977 alle auch für Lebensmittel zugelassenen Zusätze, erklärte Thielmann. Dabei sei außer Acht gelassen worden, dass aus vielen dieser Stoffe bei Verbrennung gesundheitsschädliche Verbindungen entstehen. Aus Feuchthaltemitteln, Zucker und Aromen würden beispielsweise Krebs erregende Epoxide, Nitrosamine und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe gebildet. »Ein ohnehin gefährliches Produkt wird noch gefährlicher gemacht«, sagte Pötschke-Langer. Ohne die Zusätze wären Zigaretten »kratzig und wenig attraktiv«.
Täglich sterben in Deutschland den Angaben zufolge 400 Menschen an den Folgen des Rauchens.
www.tabakkontrolle.dewww.dkfz.de

Artikel vom 18.03.2005