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CDU: Bedingungen für
große Koalition in Kiel

Union und SPD gegen ein solches Bündnis in Berlin

Kiel (Reuters/dpa). Die CDU beansprucht bei der sich abzeichnenden großen Koalition mit der SPD in Schleswig-Holstein den Posten des Ministerpräsidenten für sich und hat frühere Zugeständnisse bei der Bildungspolitik zurückgezogen.
CDU-Landeschef Peter Harry Carstensen erklärte, die Wahl seiner Person zum Regierungschef sei Bedingung, weil er seinen Wählern verpflichtet sei. Nachdem die SPD mit ihrem Bündnis mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) gescheitert sei, werde die CDU nicht mehr so weit auf die SPD zugehen, wie sie dies unmittelbar nach der Wahl im Februar noch getan habe. »Jetzt gelten andere Preise«, sagte Carstensen.
Unterdessen kündigte Landesfinanzminister Ralf Stegner (SPD) Klage an, nachdem es in Medienberichten geheißen hatte, er sei womöglich der Abweichler, der die Wiederwahl von Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) am Donnerstag mit einer Stimmenthaltung verhindert hatte. Nach dem Debakel hatte Simonis ihren Rückzug angekündigt. Carstensen sagte, er sei zuversichtlich, dass sich CDU und SPD auf eine große Koalition einigen könnten. »Die SPD ist sicher zu vernünftiger Zusammenarbeit bereit. Es gibt ja auch keine Alternative.«
Die Zugeständnisse in der Bildungspolitik, die die CDU der SPD unmittelbar nach der Wahl angeboten habe, seien nicht mehr automatisch gültig.
»Damals waren wir in einer völlig anderen Situation«, sagte Carstensen. Die CDU hatte schon nach der Landtagswahl der SPD eine große Koalition angeboten. Die SPD wollte aber ihre Allianz mit den Grünen unter Tolerierung des SSW fortsetzen. Die Wiederwahl von Simonis scheiterte aber, weil einer der Abgeordneten dieses Bündnisses ihr gleich in vier geheimen Wahlgängen die Stimme verweigerte. Simonis kündigte danach ihren Rückzug an. Der SSW hatte daraufhin verärgert erklärt, nicht mehr mit der SPD über eine Tolerierung zu sprechen.
Die SPD in Schleswig-Holstein hat zwar angekündigt, auch mit der FDP sprechen zu wollen. Die Grünen haben aber eine Zusammenarbeit mit den Liberalen ausgeschlossen. Damit bliebe nur die Bildung einer großen Koalition - oder Neuwahlen.
Carstensen sprach sich aber gegen einen solchen Schritt aus. Die CDU hatte bei der Landtagswahl 30 Sitze errungen, die SPD 29, FDP und Grüne je vier und der SSW zwei Sitze.
Der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering nannte im Hinblick auf die sich anbahnende Koalition in Kiel eine große Koalition im Bund nicht sinnvoll. Ähnlich äußerte sich CDU-Chefin Angela Merkel: »Ich setze auf einen klaren Regierungswechsel im Bund. Es wird keine große Koalition geben müssen«, sagte sie. Sie wollte sich allerdings nicht auf einen Zeitpunkt für das Ende von Rot-Grün festlegen. »Wann genau das sein wird, kann ich nicht sagen. Ich verweise auf die deutlich zu Tage tretenden Risse in der Koalition und in der SPD.«
Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer betonte, im Bund stehe eine große Koalition nicht zur Debatte. Der FDP-Chef Guido Westerwelle betonte dagegen, sollten Sozialdemokraten und Grüne Ende Mai auch die Wahlen in Nordrhein-Westfalen verlieren, müsse Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den Weg für Neuwahlen im Bund freimachen.

Artikel vom 21.03.2005