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Salz-Lecksteine und Silberkugeln

Der schweizerische Bildhauer Not Vital in der Bielefelder Kunsthalle


Bielefeld (WB/sas). »Viele seiner Arbeiten sind im krassen Sinne unverständlich. Man muss sich erst daran gewöhnen«, sagt Kunsthallenchef Dr. Thomas Kellein über Not Vital. Der schweizerische Künstler hört es - und schmunzelt.
Von Sonntag an zeigt die Kunsthalle Bielefeld seine Ausstellung »Agadez. Soziale Skulptur«. Dazu wurden das erste und zweite Obergeschoss des Philip-Johnson-Baus komplett geräumt, um Platz zu schaffen für die genau zwölf Exponate des 1948 in Graubünden geborenen Bildhauers. Sie sind ausnahmslos Zeugnis seines künstlerischen und sozialen Wirkens in der Wüstenstadt Agadez im Niger. Vor fünf Jahren ist der unruhige Reisende Vital dort, ausgerechnet bei den Nomadenvölkern, quasi »hängen geblieben«.
Die Luft in den Räumen des zweiten Obergeschosses hat noch immer etwas von der Atmosphäre im Umfeld von Salinen. Kein Wunder: Dort sind 2400 Lecksteine aus Salz (auf dem Seeweg hierher leicht feucht geworden) mit einem Gewicht von 21 Tonnen arrangiert. Im Niger ist dieses Salz in Form von Kegeln oder kleinen, runden Brotlaiben überlebensnotwendig für Kamele, Ochsen, Ziegen und Esel. Dem Salz gegenüber gestellt ist eine Tonne Spaghetti - der Gegenwert, der am Ende der Ausstellung nach Niger geht.
Im ersten Stock der Kunsthalle begrüßen den Besucher im Vorraum zertrümmerte Kamelköpfe aus Gips. Auch andere Tiere finden sich hier - unsichtbar. Denn Not Vital hat in der Wüstensonne getrocknete, mickrige Überreste von Kamel und Ziege von nigerischen Handwerkern in das Innere von Ton- und Silberkugeln einarbeiten lassen. Dokumentiert wird auch sein soziales Engagement: So hat der Schweizer bereits in Agadez eine Schule errichten lassen und arbeitet derzeit mit einheimischen Handwerkern an einem Aussichtsturm; ein Alu-Modell gibt einen Eindruck davon.
Die Ausstellung (bis 5. Juni) wird irritieren. »Sie ist ein Spiel, ein kultureller und sozialer Austausch und blutiger Ernst«, sagt Kellein. Eröffnung ist am Sonntag um 11.30 Uhr, es erscheint ein Katalog.

Artikel vom 18.03.2005