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Ein Hauch von
Glamour auf Eis

Chemnitzer begeistern als WM-Sechste

Moskau (dpa). Die Eleganz von Kilius/Bäumler und die Sportlichkeit von Wötzel/Steuer: Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy stürmten bei ihrem WM-Debüt auf Platz sechs und wurden hinterher mit Komplimenten überschüttet.

»Wenn sie ordentlich trainieren und auf mich hören, können sie ganz nach vorn kommen«, meinte ein zufriedener Trainer Ingo Steuer, der die Gefühle der beiden No-Name-Starter am Mittwochabend gut nachempfinden konnte. Er selbst war bei seinem Paarlauf-Einstand 1993 mit Mandy Wötzel auf WM-Rang zwei vorgeprescht.
»Sie haben eine besondere Art zu laufen. Das ist nicht nur Artistik, das ist Paarlauf im ursprünglichen Sinn«, schwärmte Udo Dönsdorf, Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union. Tatsächlich gelang es den Europameisterschafts-Vierten aus Chemnitz, die 8000 Eiskunstlauf-Anhänger im Luschniki-Sportpalast in ihren Bann zu ziehen. Einen früher Patzer von Szolkowy beim Doppelaxel, den er mit zwei Füßen landete, machte das harmonische Gespann durch seinen flüssigen Laufstil wieder wett.
Sie hatten sich für die Kür an die Musik des Kultfilms »Casablanca« herangewagt und sich nicht übernommen. Wie ein verliebtes Pärchen bewegten sie sich zu den Klängen und wurden minutenlang vom russischen Publikum gefeiert. »Ja, ich merke das, wenn man uns annimmt. Manchmal leiste ich mir sogar einen Blick in die Menge«, gab der 25 Jahre alte Sachse zu. Aljona Sawtschenko kramte ihre ganzen Deutschkenntnisse heraus und jubelte: »Heute bin ich richtig zufrieden.«
Vor fast zwei Jahren reiste die schüchterne Paarläuferin von Kiew nach Chemnitz und wird immer wieder von Heimweh befallen. Auch weil sie ihre Eltern in der russischen Hauptstadt wiedersah, strahlte sie und wollte nicht aufhören, Interviews zu geben. »Mein großes Ziel ist Olympia, ich habe noch Hoffnung auf einen deutschen Pass«, gab sie zu Protokoll. Das Problem: Sie ist erst zu kurz in Deutschland, um fristgerecht alle Formalitäten für eine Einbürgerung bis zu den Winterspielen in elf Monaten in Turin zu erfüllen. Zu schade wäre es, wenn das neue deutsche Traumpaar Olympia am Fernseher erleben müsste, nachdem es zwei deutsche Startplätze erlaufen hat. »Wenn es dieses Mal nicht klappt, dann fahren wir 2010 nach Vancouver«, meinte Szolkowy.
Der Erfurter Stefan Lindemann hat gestern wieder Kämpfergeist bewiesen: Von Ausgangsposition 18 machte der Vorjahresdritte noch sechs Plätze gut und wurde immerhin Zwölfter. Mit einer hochklassigen Kür bewies der EM-Dritte, dass seine desolate Vorstellung im Kurzprogramm nur ein Ausrutscher war. Weltmeister wurde nach der verletzungsbedingten Absage von Jewgeni Pluschenko (Russland) der Schweizer Stephane Lambiel.

Artikel vom 18.03.2005