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5:1 - und die Liebe ist der Gewinner

Psychologin rät: Fünf Komplimente und nette Worte kommen auf eine kritische Bemerkung

Von Dietmar Kemper
Bielefeld/Bochum (WB). Oberlehrerhaftes Verhalten ist für Beziehungen tödlich. Wer Schwächen als Tugenden umdeuten kann, erlebt dagegen eine erfüllte Partnerschaft. »Eine wohlwollende Haltung macht glücklich«, sagte Elke Rohmann von der Ruhr-Universität Bochum dieser Zeitung.
Vertrauen ist entscheidender Bausteine zum Glück, meint die Partnerschaftsforscherin Ina Grau (Universität Bielefeld). Foto: Stefan Hörttrich

Wer hin und wieder zu spät zur Verabredung komme, müsse kein Stoffel sein. Die wartende Partnerin könnte statt dessen anerkennen, wie fleißig er arbeitet. Mit ihrem Kollegen Hans-Werner Bierhoff hat die Psychologin Rohmann das Buch »Was die Liebe stark macht« geschrieben, das gerade im Rowohlt-Verlag erschienen ist.
Darin beschreiben die beiden »Bausteine zum Glück«. Um sie zu finden, haben die Wissenschaftler Fragebogenaktionen bei Männern und Frauen zwischen 20 und 60, die in Beziehungen leben, genauso ausgewertet wie die Erkenntnisse von führenden Paarforschern wie den Amerikanern Gottman, Brennan und Shaver. Bei ihren Befragungen wollten Rohmann und Bierhoff zum Beispiel wissen, ob sich jemand pragmatisch verhält und erst sein Leben sorgfältig plant, bevor er einen Partner wählt.
»Der pragmatische Stil trägt nicht zum Glück bei«, warnt Psychologin Rohmann. Er sei der romantischen Liebe unterlegen, weil der Wunsch, eine gute Partie zu machen, auf Kosten von Anziehung und Intimität geht. Erotisches Knistern, Verliebtheit und Zärtlichkeit aber bildeten unverzichtbare Säulen einer funktionierenden Beziehung. Auch wenn es keine Glücksformel gebe, empfehlen die Autoren für eine liebevolle Atmosphäre die 5:1-Regel: fünf Komplimente und nette Worte auf eine kritische Bemerkung.
Von der Behauptung, dass sich Gegensätze anziehen, hält Rohmann nichts. Stattdessen sei Ähnlichkeit bei Einstellungen, Werten und Freizeitaktivitäten unerlässlich. Völlige Deckungsgleichheit müsse aber nicht sein: »Wer Tennis liebt, kann trotzdem mit einer unsportlichen Partnerin zusammen leben, denn er kann ja mit anderen spielen.«
Die Bielefelder Partnerschafts-Forscherin Ina Grau hält zwei weitere Faktoren für beziehungsfördernd: offene Kommunikation und einen sicheren Bindungsstil. Psychologen unterscheiden zwischen dem sicheren, ängstlichen und vermeidenden Stil. Beim ersteren ist das Vertrauen auf die Unterstützung durch den Partner ausgeprägt, während Menschen mit ängstlichem Bindungsstil klammern und immer wieder fragen, ob sie geliebt werden. Vermeidende Menschen wollen Probleme mit sich selbst ausmachen und lehnen zuviel Nähe ab.
Ina Grau sagte dieser Zeitung: »Wenn eine ängstliche Frau mit einem vermeidenden Mann zusammen ist, wird's schwierig, denn solche Gegensätze beim Bindungsstil sind nicht förderlich für die Beziehung.« Offene Kommunikation schaffe emotionale Nähe, betont die Psychologin der Universität Bielefeld, die mit Hans-Werner Bierhoff das Buch »Sozialpsychologie der Partnerschaft« (2003) herausgegeben hat. Wer seinem Partner alles anvertrauen könne, ohne Angst zu haben, abgewiesen zu werden, erlebe die Gewissheit, sicher gebunden zu sein. Und das sei ein entscheidender Baustein zum Glück, erläutert Grau.

Artikel vom 21.03.2005