16.03.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mehr rechtsextreme Straftaten

Bilanz des Staatsschutzes: Teuerster Einsatz kostete mehr als 500 000 Euro

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). Deutlich mehr rechtsextreme Straftaten in Ostwestfalen-Lippe, dafür Rückgänge bei der linksextremen Kriminalität (von 42 auf 30 Delikte), der politisch motivierten Ausländerkriminalität und den politischen Gewaltdelikten. Das sind die Eckpunkte des Berichtes des polizeilichen Staatsschutzes für 2004.

Insgesamt 235 Fälle hatten die für den Regierungsbezirk Detmold zuständigen Bielefelder Staatsschützer vergangenes Jahr zu bearbeiten. Die Aufklärungsquote lag bei 40,4 Prozent (2003: 31,95 Prozent). Nach Kriminalität aus dem rechten Spektrum musste vergangenes Jahr 186 Mal ermittelt werden - ein Plus von 25 Prozent. `Damit liegt der Regierungsbezirk im Landestrend«, erklärte Kriminaloberrat Dirk Butenuth, Leiter des Staatsschutzes in Bielefeld. Verstärkten Zulauf hätten die Rechtsextremen in OWL nach Meinung von Butenuth nicht zu verzeichnen. »Es gibt durchaus Regionen, die mehr Probleme mit dieser Szene haben«, unterstrich er. Bei den meisten Delikten habe es sich erneut um Graffitischmierereien von Hakenkreuzen gehandelt. Hier seien die Täter eher unter Jugendlichen oder jungen Erwachsenen zu suchen, sagte Butenuth: »Personen, die in der rechten Szene fest verankert sind, begehen solche Straftaten nicht. Dafür sind sie zu schlau.«
Warum die Zahl der Delikte aus diesem Spektrum so deutlich gestiegen ist, das sei schwierig zu analysieren, hatte Bielefelds Polizeipräsident Erwin Südfeld gestern keine Erklärung für den Zuwachs um 25 Prozent. Jedoch hätten die Rechtsextremen vergangenes Jahr in OWL mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. Wie beispielsweise der »Europäische Darstellungsverein für lebendige Geschichte« mit Mitgliedern unter anderem in Bad Oeynhausen und Bielefeld. Bei Wohnungsdurchsuchungen nach Wehrübungen in Tschechien und in der Slowakei fand die Polizei unter anderem schussfähige Maschinengewehre.
Besonders zu schaffen gemacht habe den Staatsschützern der von Holocaustleugnern geprägte Verein »Collegium Humanum« in Vlotho (Kreis Herford), so Südfeld. Dort gehe eine der Gallionsfiguren der rechten Szene, Horst Mahler, mittlerweile ein und aus.
Um vor allem Kinder und Jugendliche zu sensibilisieren, warb der Staatsschutzchef noch einmal für das neu überarbeitete polizeiliche Präventionskonzept »Rechtsextremismus - (k)ein Thema?!«. »Es wäre ideal, wenn an Schulen dieses Thema möglichst früh und möglichst regelmäßig aufgegriffen würde«, so Butenuth.
Dagegen fielen gestern die Angaben zur Schwerpunktaufgabe des Staatsschutzes, der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus, relativ verhalten aus. Hier gebe es eine »gute Zusammenarbeit« mit dem Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt, hieß es. Insgesamt stufe man in der Region etwa 20 islamische Gemeinden als extremistisch ein.
Doch gab es genau in diesem Bereich den bislang längsten Einsatz für die Bielefelder Staatsschützer: Die von Januar bis Juni 2004 dauernde Rund-um-die-Uhr-Überwachung des aus israelischer Haft entlassenen Hisbollah-Anhängers Steven Smyrek. Die Kosten für die 24-Stunden-Observationen im lippischen Detmold haben sich laut Polizeipräsident Erwin Südfeld deutlich oberhalb der 500 000-Euro-Grenze bewegt.

Artikel vom 16.03.2005