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Kanzler will »Kräfte stärken«

Vor dem Job-Gipfel dämpfen alle Beteiligten die hohen Erwartungen

Berlin (dpa). Regierung und Opposition wollen heute zentrale Weichen im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland stellen.

Nach tagelangen Spekulationen steckt Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in einer Regierungserklärung seinen weiteren Reformkurs ab. Danach trifft er die Spitzen der Union, Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU). Bundesregierung und CDU/CSU bekräftigten gestern zwar ihren Willen, nach Wegen aus der Arbeitsplatz-Misere zu suchen. Zugleich dämpften sie aber Erwartungen, dass bei dem Job-Gipfel ein umfangreiches Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht wird.
Schröder lotete gestern seine Vorstellungen im Kabinett sowie mit den Koalitionsspitzen aus. SPD und Grüne gaben ihm Rückhalt. SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter sprach von einem »gelungenen Paket«. Nach den Worten von Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke werden die Grünen auch die geplanten Änderungen beim Antidiskriminierungsgesetz mittragen.
In seiner Regierungserklärung will der Kanzler eine deutliche Senkung der Körperschaftsteuer für Großunternehmen sowie steuerliche Erleichterungen für Mittelständler ankündigen. Als wahrscheinlich gilt, dass Schröder eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes für Kapitalgesellschaften von 25 auf bis zu 19 Prozent ankündigt. Bedingung dafür ist jedoch die Beseitigung bisheriger Steuerschlupflöcher.
Weiter will der Kanzler milliardenschwere Investitionen vor allem für Autobahnen in NRW vorschlagen. Schröder will auch Verbesserungen beim Hartz-IV-Gesetz anregen. Insbesondere sollen Zuverdienstmöglichkeiten für Bezieher von Arbeitslosengeld II angehoben werden.
Am Nachmittag wollen Schröder, Vizekanzler Joschka Fischer (Grüne) und die Unionsspitze im Kanzleramt die Reformschritte beraten. CDU-Chefin Merkel kündigte an, bei einer Reform der Unternehmenssteuern konstruktiv mit der Regierung zusammenarbeiten. »Wir müssen die Reform zügig in Angriff nehmen. Wenn die Regierung dazu einen Gesetzentwurf vor der Wahl vorlegt, werden wir den wohlwollend prüfen«, sagte sie dem »Handelsblatt«. CDU und CSU rückten nach Informationen der »Süddeutschen Zeitung« von der Forderung nach einer einheitlichen Steuer auf alle Einkünfte ab und wollen wie Schröder Steuerschlupflöcher schließen.
Regierungssprecher Béla Anda dämpfte erneut die Erwartungen an die Kanzlerrede vor dem Bundestag. Kernpunkte der 90-minütigen Erklärung mit dem Titel »Aus Verantwortung für unser Land - Deutschlands Kräfte stärken« seien Stand, Umsetzung und Fortentwicklung der Reformagenda 2010.
Entlastet werden sollen auch Personengesellschaften, die etwa 85 Prozent der Unternehmen in Deutschland stellen und die der Einkommen- statt der Körperschaftsteuer unterliegen. Sie müssen bis zu 42 Prozent des Gewinns an den Fiskus abführen. Vorgeschlagen werde, dass kleinen und mittleren Firmen eine höhere Verrechnung der Gewerbesteuer ermöglicht wird. Gesprochen wurde auch über ein Optionsmodell, nach dem sich Personengesellschaften wie Kapitalgesellschaften besteuern lassen können. Vom Tisch seien dagegen bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Handwerker und Mittelstandsbetriebe. Diese Steuersubvention werde abgelehnt, hieß es. Die Regierung könnte aber auf die Forderung der Union eingehen, die Erbschaftsteuer für Personengesellschaften zu senken.

Artikel vom 17.03.2005