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Orangene Folie
kann Leben retten

Polizei klärt über »toten Winkel« auf

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). 16. September und 16. Dezember 2003, 2. März 2005 - drei Tage, an denen sich folgenschwere Unfälle auf Bielefelds Straßen ereignet hatten. Im September und Dezember vor zwei Jahren starben ein 20 beziehungsweise ein 56 Jahre alter Radfahrer, am Dienstag vor drei Wochen wurde ein Radler (38) schwer verletzt.

Alle Vorfälle hatten eines gemeinsam: Die »Pedalritter« waren an den Einmündungen Eckendorfer Straße/Am Stadtholz sowie Heeper-/Otto-Brenner-Straße jeweils von rechtsabbiegenden Lkw überrollt worden. Die Opfer hatten sich für die Lastwagenfahrer stets im »toten Winkel« befunden.
Damit sich solche Unfälle möglichst nicht wiederholen, klären die Verkehrserzieher von der Polizei künftig mit einer neuen Methode auf. Die Ordnungshüter machen den »toten Winkel« sichtbar - durch eine orangene Warnfolie in Dreiecksform und mit rot-weißen Pylonen, die rechts neben einem Lkw-Führerhaus ausgelegt werden. Die so genannte »Tote-Winkel-Folie«, so Oberkommissar Lothar Prüßner vom Kommissariat Vorbeugung, soll nicht nur in den 1. bis 6. Schulklassen zum Einsatz kommen. »Wir möchten auch Erwachsene in das Schulungsprogramm mit einbeziehen«, lädt der Verkehrserzieher Fahrrad- oder Seniorenclubs zum Mitmachen ein.
Lkw-Fahrer, sagt Prüßners Kollege Horst Lehmann, hätten meist keine Möglichkeit zu beobachten, was sich im Straßenverkehr neben beziehungsweise hinter ihrem Wagen abspiele. Der Kontrollblick in den Rückspiegel oder über die Schulter durch die Heckscheibe beim Rechtsabbiegen, wie man ihn in der Fahrschule lernt, sei den »Kapitänen der Landstraße« verwehrt. Die Ladefläche mit den hohen Bordwänden, der Sattelauflieger hinter der Zugmaschine oder der Kastenaufbau würden keine Sicht zulassen.
Der Lkw-Fahrer könne aus seinem Führerhaus heraus in der Regel nur zwei Dinge sehen, beschreibt Oberkommissar Lehmann: »Beim Blick durch die rechte Seitenscheibe den Rad- oder Gehweg unmittelbar neben ihm oder beim Blick in die rechten Außenspiegel die Fläche, die sich am Wagen entlang in Richtung Lastwagenheck erstreckt.«
Und genau zwischen dem Sichtbereich von Seitenscheibe und Außenspiegel liegt der gefährliche »tote Winkel«, der in den vergangenen eineinhalb Jahren gleich drei Radfahrern zum Verhängnis wurde. Wie groß diese Fläche ist, das macht jetzt die neue orangene Warnfolie der Polizei deutlich. »Da hat eine halbe Schulklasse drauf Platz«, erklärt Verkehrserzieher Prüßner den für Lkw-Fahrer nicht einsehbaren Bereich im Straßenverkehr.
»Toter-Winkel-Folie«, rot-weiße Pylonen und der große Alukoffer, in dem alles verstaut ist, sollen so schnell wie möglich in Bielefeld für Aufklärung sorgen. Zur Zeit suchen die Ordnungshüter noch einen »Sponsor« wie etwa ein Autohaus, das einen Vorführ-Lkw oder eine 40-Tonner-Zugmaschine für die lebenrettende Demonstration zur Verfügung stellt.
Und für die tägliche Praxis im Straßenverkehr haben die Verkehrserzieher Prüßner und Lohmann noch einen weiteren wichtigen Tipp für Radfahrer oder Fußgänger. »An Kreuzungen«, raten die beiden Oberkommissare, »möglichst immer den Blickkontakt mit dem Lkw-Fahrer suchen.«

Artikel vom 21.03.2005