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Drei Bananen und zwölf Schalen

Die Präsente des Meisterkandidaten FC Schalke 04 für den Rekordmeister

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). 1:0 in München. 1:0 in der Arena. Wenn nur der direkte Vergleich zählen würde, dann wäre der FC Schalke 04 jetzt schon Deutscher Fußball-Meister 2005. Ganz souverän. Mit 2:0 Toren und 6:0 Punkten.

Otto Rehhagel, selbst ein erfolgreicher und erfahrener Trophäensammler, er hat dem Kollegen Ralf Rangnick vor Wochen gesagt: »Ralf, pass auf: Wenn du den Titel holen willst, dann musst du die Bayern zweimal schlagen.« Das haben die Schalker jetzt tatsächlich geschafft - aber am Ziel sind sie noch lange nicht.
»Ich rede nicht vom Titel. Wir haben ein wichtiges Spiel gewonnen. Mehr nicht.« Leise Töne ausgerechnet von dem Mann, der bei diesem Liga-Gipfel den Knalleffekt gesetzt hatte. Lincolns Freistoß-Tor war ein Meisterschuss. Aber beim FC Schalke 04 weiß nicht nur der brasilianische Kunstschütze: Das Meisterstück muss in den nächsten Wochen erst noch gemacht werden.
Immerhin: Ganz schwer »in Schale« hatten sie sich schon geworfen, die Fans. Ein Dutzend Papp-Trophäen wurden bereits vor dem Anpfiff hoch gereckt. Dazu flogen drei Bananen in Oliver Kahns Strafraum. Kleine »Präsente« für die Bayern.
Die treffendste Gäste-Geste kam nach genau 69 Minuten aus 18 Metern. Selbst Münchens Trainer Felix Magath musste zugeben: »Der Freistoß war perfekt geschossen.« Der Lohn für Lincoln. Denn der Techniker verlängert Trainingseinheiten immer wieder und immer häufiger um eine halbe Stunde. Trainer Rangnick sieht die Extra-Schicht mit großer Freude: »Dann schießt er nur Freistöße.«
Immer präziser. Immer besser. Meistens unhaltbar. Die Kollegen Gerald Asamoah und Frank Rost stellten fest: »Wir wundern uns, dass er in den Spielen nicht häufiger trifft. Im Training sind acht von zehn Dingern drin.«
Gegen die Bayern reichte ja der eine Schuss ins Schwarze. Lincoln hatte schon vor der Ausführung ein sehr gutes Gefühl: »Die Entfernung war günstig, ich habe mich voll konzentriert und gedacht: So, der könnte sitzen.«
Ein goldener Treffer, der drei Punkte bescherte, die den FC Schalke 04 auf den Tabellengipfel brachten. Zuletzt hatten sie da am 5. Mai 2001 über allen gethront.
Ob die Königsblauen jetzt bis zum letzten Abpfiff oben bleiben? Ebbe Sand, damals schon dabei, er glaubt diesmal fest daran: »Wir sind stärker und reifer als vor vier Jahren. Wir können es packen.«
Darauf hoffen sie in Schalke natürlich alle. Der zweite Sieg gegen die Bayern im direkten Vergleich stärkt das Selbstvertrauen noch mehr. Einer wie Ailton hatte nie Probleme mit Einschätzung der eigenen Klasse, er strahlte nach dem Abpfiff: »Fußball muss Spaß machen. Ein Sieg gegen Bayern macht immer Spaß.« Und wie »spaßig« ist das Verhältnis zum ehemaligen Trainer Felix Magath, der ihn einst in Bremen auf die Tribüne gesetzt hatte?
Da winkte der Brasilianer ab: »Vergessen und vorbei. Heute wissen alle, wer Ailton ist. Auch Magath.«
Schalker Schadenfreude. Schalker Vorfreude. Der Titel winkt, aber 27 Punkte werden noch vergeben. Und nicht nur Verteidiger Niels Oude Kamphuis ahnt, wie dünn die Höhenluft da oben sein dürfte: »Unser nächstes Spiel am Sonntag in Mainz, das wird schwerer als das Duell gegen die Bayern.«
Einen Spitzenplatz haben die Königsblauen in der laufenden Saison aber auf jeden Fall bereits sicher, den kann ihnen keiner mehr nehmen. Schalkes Catering-Abteilung erhielt den »Foodservice-Preis 2005«. Die Ehrengäste in der Arena - sie trinken und speisen jetzt schon meisterlich.

Artikel vom 15.03.2005