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Disney bekommt neuen Chef

Vorzeitiger Führungswechsel beim amerikanischen Medienriesen

Burbank (dpa). Beim amerikanischen Medienriesen Walt Disney Company gibt es nach langer und harter Kritik an dem scheidenden Konzernchef Michael D. Eisner (63) einen vorzeitigen Führungswechsel. Auf dem Thronsessel im »magischen Königreich« wird vom 30. September an der derzeitige Disney-Präsident Robert Iger (54) sitzen, wie der Disney-Verwaltungsrat mitteilte.
War bisher die Nummer zwei beim Medienkonzern Disney: Robert Iger.
Disney ist mit seinen Fernseh- und Kabelfernsehsendern, Filmstudios und Freizeitparks und einem Umsatz von mehr als 30 Milliarden Dollar (23 Miiliarden Euro) der zweitgrößte US-Medien- und Unterhaltungskonzern nach Time Warner.
Iger war bisher Mann Nummer zwei und die rechte Hand von Eisner. Er leitete bereits seit Januar 2000 die Disney-Tagesgeschäfte und gehörte seither auch dem Verwaltungsrat an.
Meg Whitman, die erfolgreiche Chefin der Internet-Auktionsfirma EBay, hatte dem Disney-Verwaltungsrat am Freitag mitgeteilt, dass sie nicht an der Eisner-Nachfolge interessiert sei.
Damit wird Eisner ein Jahr früher ausscheiden als ursprünglich geplant. Er wird bis September die Disney-Geschäfte noch gemeinsam mit Iger leiten. Eisner meldete auch keine Führungsansprüche im Verwaltungsrat an, sondern wird dort 2006 ausscheiden. Eisner hatte Disney seit 1984 geführt und zu einem der weltgrößten Medien-, Film- und Unterhaltungskonzerne gemacht.
Eisners Führungsstil und Methoden waren jedoch vor allem in den vergangenen Jahren unter massiven Beschuss gekommen. Der schwächelnde Geschäftsverlauf, stagnierende Disney-Aktienkurse, dramatische firmeninterne Kämpfe mit den ehemaligen Verwaltungsratsmitgliedern Roy E. Disney und Stanley Gold und anderen Großaktionären sowie mit wichtigen Partnern wie dem Animationsstudio Pixar wirkten sich aus.
Eisner hatte deshalb im vergangenen Jahr bereits seinen Posten als Disney-Verwaltungsratsvorsitzender verloren. Disney und Gold kritisierten das Auswahlverfahren für den Chefsessel jetzt in scharfer Form: »Wir finden es unverständlich, dass der Verwaltungsrat nicht in der Lage war, einen einzigen externen Kandidaten zu finden.« Sie deuteten mögliche weitere Vorstöße an.
Die Entscheidung für Iger sei nach einem sorgfältigen Auswahlverfahren interner und externer Kandidaten gefallen, sagte der Verwaltungsratsvorsitzende George J. Mitchell (71). Mitchell bezeichnete Iger als »erfahrene, talentierte und visionäre« Führungskraft.
Iger hat einen umgänglicherer Führungsstil und mischt sich im Gegensatz zu Eisner nicht in Detailfragen ein. Er war 1996 zu Disney gekommen. Bis dahin war er Präsident der Fernsehfirma Capital Cities/ABC gewesen, die Disney damals gekauft hatte. Er hatte zuvor eine lange Karriere bei ABC gemacht. Bei Disney war er zunächst für ABC und für die Walt Disney International verantwortlich, ehe er Anfang 2000 Präsident wurde.
Eisner hatte das Unternehmen bis 2000 stark ausgebaut und es gab hohe Gewinne. Dann kam eine mehrjährige Flaute. Die Disney-Geschäfte haben sich in den vergangenen 15 Monaten aber dank des Comebacks des Fernsehsenders ABC, der Kabelfernsehkanäle sowie der Freizeitparks wieder deutlich verbessert. Dies gab nach Ansicht von Branchenkennern den Ausschlag für die Wahl Igers zum Eisner-Nachfolger.

Artikel vom 15.03.2005