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Land verspricht 2400 neue Lehrer

Neuntklässler-Test: Haupt- und Gesamtschüler schneiden schlechter ab

Düsseldorf (dpa/ddp). Fast jeder vierte Hauptschüler in Nordrhein-Westfalen hat Schwierigkeiten, einfache Texte zu verstehen und droht zum Schulversager zu werden.

Das ist ein Ergebnis des ersten landesweiten Leistungstests an den neunten Klassen der NRW- Schulen. »Ich kann mit den Ergebnissen nicht zufrieden sein«, sagte Schulministerin Ute Schäfer (SPD) gestern in Düsseldorf.
Die Schulen und Klassen könnten sich nun erstmals miteinander vergleichen und ihren Leistungs-Standort bestimmen. Dies schaffe Transparenz und klare Standards. Lehrer und Eltern sollten die Resultate intensiv auswerten. An den Tests, die nun jährlich absolviert werden sollen, nahmen Ende November 2004 fast 200 000 Schüler teil.
Die Ergebnisse bestätigten, dass die Leistung der Schüler erheblich von der Schulform und vom sozialen Umfeld der Schule abhänge.
So erreichten beim Englischtest gerade sechs Prozent der Schüler an Hauptschulen die beiden oberen Niveaustufen. An Gesamtschulen waren es 12 Prozent, an Realschulen 29 und an Gymnasien 80 Prozent. Im Durchschnitt aller Schulen waren es 35 Prozent.
Umgekehrt lagen an den Gesamtschulen 25 und an den Hauptschulen 36 Prozent der Schüler nicht über der untersten Niveaustufe, in den Realschulen waren es zwei Prozent.
Ähnliche Ergebnisse ergaben die Tests in Deutsch und Mathematik. So erreichten im Lesen auf Deutsch 71 Prozent der Gymnasiasten die beiden höchsten Kompetenzstufen, aber nur 29 Prozent der Realschüler, 18 Prozent der Gesamtschüler und 12 Prozent der Hauptschüler.
Fast 40 Prozent der NRW-Hauptschulen haben unter den Schülern einen Einwanderer-Anteil von mehr als 50 Prozent. In nur 16 Prozent der Hauptschulen liegt der Anteil der Einwandererkinder unter 25 Prozent. Bei den Gymnasien haben umgekehrt 74 Prozent der Schulen einen Einwanderer-Anteil von nicht einmal 15 Prozent.
Schäfer kündigte an, die wöchentliche Unterrichtszeit an den Schulen zu erhöhen. Dafür sollen bis zum Jahr 2010 insgesamt 2400 Stellen eingesetzt werden - davon 1750 außerhalb der Gymnasien. Die Stellen sollen durch sinkende Schülerzahlen verfügbar werden.
Bei der Förderung der Integration von Einwanderern für die 1400 Schulen mit besonders hohem Einwandereranteil sei nun »Schluss mit dem Gießkannenprinzip«. Die 3000 dafür vorgesehenen Stellen sollen künftig nur noch auf Antrag und bei Vorlage eines Förderkonzepts vergeben werden.
Schulen, deren schlechtes Abschneiden nicht mit sozialen Faktoren erklärt werden könne, seien nun ein Fall für die Schulaufsicht.
Umgekehrt sollen auch die Ursachen für das Abschneiden besonders guter Schulen herausgestellt werden. Im Idealfall könnten die Schulen mit einem schlechteren Leistungsstand von den besseren lernen.
Eine Lernstandserhebung hatten zuvor schon die Viertklässler an den Grundschulen erlebt. Bereits im kommenden September werden die Schulen erneut unter die Lupe genommen - diesmal für den Pisa-Bundesländer-Vergleich.
Die CDU-Landtagsfraktion kritisierte die Ergebnisse als »nicht aussagekräftig«. An einigen Schulen seien die Aufgaben vorher eingeübt worden. Erst müssten verbindliche Standards eingeführt werden, um die Leistungen der Schulen überprüfen zu können. Anstatt den Hauptschulen in Problem-Stadtteilen mehr Stellen zur Verfügung zu stellen, würden dort Lehrerstellen gekürzt.

Artikel vom 16.03.2005