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Leitartikel
Wehrbeauftragter

Nicht geeignet
für offene
Rechnungen


Von Dirk Schröder
Fünf Jahre lang hat Willfried Penner mit viel Engagement für die Soldaten sein Amt des Wehrbeauftragten versehen. Auch aus seinem letzten Jahresbericht, den er gestern dem Bundestagspräsidenten übergab, wird noch einmal deutlich, warum dieses »Frühwarnsystem des Parlaments« so wichtig ist für die Stellung der Bundeswehr in Gesellschaft und Politik.
Wie auch seine sieben Vorgänger hat Penner den Finger in offene Wunden bei den Streitkräften gelegt. Es ist aber auch seine Aufgabe, Missstände in der Bundeswehr beim Namen zu nennen. So haben die Umstrukturierungen der vergangenen zehn, 15 Jahre die Streitkräfte bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geführt. Deutlich ist der SPD-Politiker jedoch auch dem Eindruck entgegengetreten, die Bundeswehr sei zu einer Armee der Schleifer geworden. Coesfeld und und wenige andere Vorfälle waren Einzelfälle, die leider immer wieder vorkommen und entsprechend geahndet werden müssen.
Mit den beruflichen Herausforderungen werden die Soldaten fertig. Wenn dennoch in der Bundeswehr eine gewisse Unruhe herrscht, so ist der Politik der Vorwurf zu machen, es an Rückendeckung fehlen zu lassen. Es muss endlich damit aufgehört werden, den Soldaten das Gefühl zu geben, Manövriermasse für finanzielle Probleme zu sein.
Knapp 6200 Eingaben von Soldaten an den Wehrbeauftragten - der zweithöchste Stand, seitdem es das Amt gibt - sind Beleg für diese Unzufriedenheit. Denn zumeist geht es dabei um Beförderungen und Verwendungen.
Das Amt des Wehrbeauftragten ist heute unumstritten. Noch nie so wichtig war es aber auch, dass der Amtsinhaber Vertrauen zu den Soldaten aufbaut. Sie brauchen einen Ansprechpartner, zumal sie immer öfter von der Politik im Stich gelassen werden. Mit dem Gerangel um den Penner-Nachfolger erweist die SPD diesem Amt einen denkbar schlechten Dienst. Überparteilich hat es in der Vergangenheit fast immer Übereinstimmung gegeben, wenn es um die Zustimmung zu dem Kandidaten der jeweils Regierenden ging.
Nun missbrauchen die Sozialdemokraten das Amt, um innerparteilich offene Rechnungen zu präsentieren. Es geht hier nicht darum, dass der von der SPD-Fraktionsführung vorgesehene Reinhold Robbe früher den Wehrdienst verweigert hat. Er hat glaubhaft seinen Sinneswandel erläutert. Hier sollte vor allem dem Fraktionschef Franz Müntefering ein Denkzettel verpasst werden.
Abgesehen davon, dass dies eine weitere Facette in den Auflösungserscheinungen dieser rot-grünen Koalition in Berlin ist: Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Die Verschiebung der Wahl ändert daran nichts.
Sollte Robbe noch einmal kandidieren, er würde dieses Amt angeschlagen antreten. Und ein anderer SPD-Kandidat hätte den Makel, dritte Wahl zu sein. Das haben die Soldaten nicht verdient. Es gibt da ja noch den FDP-Kandidaten Günther Nolting!

Artikel vom 16.03.2005