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Wasserstraße: Vater hat Angst um die Kinder

Raser fahren auch über den Gehweg

Von Uwe Koch (Text und Foto)
Sieker (WB). Unzumutbare Verkehrszustände an der Wasserstraße hat Anwohner Heinz Kwasny schon vor Jahren ausgemacht. Die Behörden indes sehen »keinen Handlungsbedarf«. Jetzt reicht es dem 48-jährigen Taxifahrer: »Muss es erst ein totes Kind geben, bevor die Verantwortlichen bei der Stadt wach werden?«

Die Wasserstraße wäre eine kleine, nur wenige hundert Meter lange Anliegerstraße im Bielefelder Stadtteil Sieker. Wäre! Wenn das Sträßchen nicht die für viele Autofahrer verkehrs-strategisch einmalige Lage zwischen zwei Hauptadern hätte: Wer mit seinem Kraftfahrzeug auf der Osningstraße »über den Berg« fährt und den schnellsten Weg zur Detmolder Straße sucht, nimmt nicht den Umweg über die Siekerkreuzung. Schneller geht`s ja über den Lipper Hellweg und die Abkürzung auf der Wasserstraße. Schon ist das Nadelöhr am Eastend-Tower umgangen.
Die Leidtragenden sind selbstverständlich die Anwohner. »Morgens und nachmittags jeweils zu den Hauptverkehrszeiten ist auf unserer Straße viel zu viel los«, klagt Heinz Kwasny bitter. Verschiedene Anlieger machten die Verantwortlichen der Stadt schon vor Jahren auf diesen Missstrand aufmerksam.
Was hat`s gebracht? »Nicht viel«, meint der Taxifahrer. Seither gilt auf der Wasserstraße Tempo 30 und Schilder verkünden ein Verbot für Fahrzeuge aller Art (Zusatz: Anlieger frei), doch Kraftfahrzeug-Piloten mit auswärtigen Kennzeichen bis hin zu Fahrern von Kleinlastern frequentieren die Wohnstraße - ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Anlieger.
Besonders empört sind Heinz und Silke Kwasny über jene automobilen wie geistigen Tiefflieger, denen noch nicht einmal der Bürgersteig als Sperrzone heilig ist. »Zweimal musste ich meine kleine Tochter Naomi vom Gehweg zur Haustüre zerren, damit sie nicht überfahren wird«, schimpft Silke Kwasny. Nur knapp ist das vierjährige Mädchen so vor großem Schaden bewahrt worden, und die Kwasnys haben auch Angst um den zweijährigen Sohn Joshua.
Grund: Vom Lipper Hellweg aus ist der rechte Fahrbahnrand als Parkstreifen für Fahrzeuge der Anlieger ausgewiesen. Kommt es auf der Straße aber zum Begegnungsverkehr, »so halten sich einige unbelehrbare Autofahrer nicht an die Vorschriften«. Die alte Regel, wer ein Hindernis auf seiner Fahrbahnhälfte hat, muss warten, die gilt offensichtlich nicht mehr. Jeder fährt drauflos, ohne Rücksicht auf Verluste. Da offensichtlich niemand warten will, braust schon mal ein Autofahrer über den Gehweg. Beweis: Die stark abgesenkten Platten der Gehwege.
Eingaben von Heinz Kwasny an das Amt für Verkehr oder gar an den Oberbürgermeister verpufften bisher. Schlimmer noch: Die Stadt akzeptiert offensichtlich den klammheimlichen Status »Wohnstraße für den Durchgangsverkehr«. So wurden in Antwortschreiben der Stadt Benutzer von Tankstelle, Videothek und Schule an der Detmolder Straße kurzerhand als »Anlieger« betitelt.
Überdies rückt der Winterdienst bei Schnee und Eis morgens pünktlich zur Wasserstraße aus. Und als schließlich Heinz Kwasny um Einbau von Sperrpfosten auf den Gehwegen und um künstliche Verkehrsberuhigung mit Fahrzeugschwellen bat, bekam er vom Leiter Verkehrsplanung im Amt für Verkehr diese an Zynismus grenzende Antwort: »Bei Krankentransporten verzögern sie (die Schweller, d. Red.) den Rettungseinsatz und können für die Transportierten zur zusätzlichen Belastung werden.« - Heinz Kwasny ist über solche Tatenlosigkeit erbost: »Ich habe große Angst um meine Kinder, muss wirklich erst etwas Schlimmes passieren?«

Artikel vom 17.03.2005