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Merz macht mehr - in NRW

Der ehemalige Frontmann der CDU/CSU wirkt aus der zweiten Reihe

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld/Gütersloh (WB). Frage: Was macht eigentlich Friedrich Merz? Antwort: Alles, nur nicht auf den selbst gewählten Hinterbänken des Bundestages versauern.
Friedrich Merz (l.) wäre für Angelika Gemkow und Rainer Lux (r.) der ideale Spitzenmann für das neue NRW nach Rot-Grün.

Der seit November ehemalige Vize der CDU/CSU-Fraktion leitet das Berliner Büro der US-»Sozietät Mayer, Brown, Rowe & Maw LLP«. »Mir fehlt nichts«, sagt er allen, die wissen wollen, wann er wieder ganz vorne mitmischt.
»Je weiter ich von Berlin weg bin, umso besser geht es,« setzte er beim Zahnärztetag am Freitagabend in Gütersloh noch einen drauf. Das klingt nach Ausstieg, lässt aber den Einstieg in die CDU im Westen offen.
Gastgeber Dietmar Gorski, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, lässt sich vom Rückzug aus Fraktions- und CDU-Führung nicht beirren: »Sie sind nur ganz tief in die Hocke gegangen für einen neuen Startsprung.«
Der Dentist hat auf den richtigen Zahn gefühlt. Merz ist längst wieder da. Als Mitglied des NRW-Kompetenzteams von Jürgen Rüttgers mischt er im Landtagswahlkampf mit und im Wahlprogramm steht sein Name. Auch führt ihn der Rednerdienst beim CDU-Landesvorstand mit Auftritten in Kleve, Siegen und an anderen Plätzen, wo die Hallen größer sind.
Zur Zukunft des Sozialstaats soll er bei den Zahnärzten sprechen, und es wird eine Rede zur Lage der Nation. Weitblickend, scharf in der Analyse und so gar nicht parteipolitisch.
Im Gegenteil, auch das bürgerliche Lager hat zur Massenarbeitslosigkeit beigetragen, die sich seit 30 Jahren aufbaut. Die Pflegeversicherung einzuführen war gleichfalls ein gemeinsamer Fehler und Lösungen gibt es bei ihm nicht in vier, sondern in zehn und mehr Jahren erst.
Dennoch wehrt sich Merz vehement gegen den geheimen Konsenswunsch der Deutschen, will nicht länger auf dem niedrigen Niveau fauler Kompromisses dahindümpeln und redet dem parlamentarischen Schlagabtausch mit geschliffenem Florett das Wort.
Allein die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigtem ist ihm wichtig. Ihre Zahl muss dringend von 24,4 Millionen (»katastrophal niedrig«) auf mittelprächtige 30 Millionen angehoben werden. Merz hält das für möglich, wenn Arbeit grundsätzlich besser bezahlt wird als Nichtarbeit, wenn neben High-Tech auch Low-Tech- Jobs für die Millionen von arbeitsfähigen ALG-II-Beziehern zugelassen werden. Statt mit Bierdeckeln wirft er mit brauchbaren Beispielen nur so um sich. Das Publikum ist begeistert. Kurzum: Merz aus der zweiten Reihe wirkt nachhaltig. Wo der 198-Zentimeter-Hüne auftaucht, schlägt ihm Sympathie entgegen.
Landtagskandidat Günter Kozlowski begleitete den Parteifreund in Gütersloh nicht ohne Stolz. Beim Landesparteitag, eine Woche zuvor, suchten von Paderborns Bürgermeister Heinz Paus bis zu den Bielefelder Abgeordneten alle seine Nähe. »Rat und Fachverstand von Merz als Mitglied der Zukunftskommission sind uns an der NRW-Basis sehr wichtig«, zollte Angelika Gemkow, CDA-Bezirkschefin, dem Marktpolitiker Respekt. Rainer Lux sagte, was viele in der CDU denken: »Merz wäre die ideale Ergänzung in er einer neuen Landesregierung mit Jürgen Rüttgers und Karl-Josef Laumann.«

Artikel vom 12.03.2005