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Sturm und Drang
in Wort und Musik

Freitagskonzert der Bielefelder Philharmoniker

Von Lara Venghaus
Bielefeld (WB). »Sturm und Drang« lautete das Thema des fünften Freitags- beziehungsweise vierten Sonntagskonzertes, welches die Bielefelder Philharmoniker unter Leitung von Peter Kuhn und mit Unterstützung von Isabel Hindersin in der Oetkerhalle zu Gehör brachten. Die geschilderten Eindrücke beziehen sich auf den Freitag.

Die Leonoren-Ouvertüre Nr.2, uraufgeführt 1805 im Rahmen der ersten »Fidelio«-Inszenierung, greift die Themen der Oper auf und entwickelt daraus das dreitönige Eingangsmotiv des Werkes. Peter Kuhn arbeitete dieses sauber heraus, unterstützt von den fabelhaften Reaktionen des Orchesters auf sein Dirigat, insbesondere auf Crescendi und Decrescendi, welche dem Werk einen großen Spannungsbogen verliehen. Dabei konnte er sich auf das wunderbar harmonierende, intonationsreine Bläserensemble verlassen, dessen Tonschönheit vom einfühlsam erzeugten Klangteppich der Streicher getragen wurde. Über diesem Teppich konnte ebenso das klangschöne Trompetensolo aus dem Off brillieren.
Mit einer verkleinerten Besetzung folgte nun »Medea. Ein Melodram für Sprecherin und Orchester« von Jiri Antonìn Benda. Die aus Funk und Fernsehen bekannte Schauspielerin Isabel Hindersin deklamierte den Part der Medea ausdrucksstark und gekonnt artikuliert. Ihre Zerrissenheit zwischen der traurigen Verzweiflung und der Wut auf ihren Mann, der sie betrügt, brachte sie dem Zuhörer emotional geladen dar.
Hier überzeugte das Orchester durch seine Präzision im Hinblick auf Einsätze und Gestaltung. Das Wechselspiel zwischen Sprecherin und Orchester war perfekt abgestimmt, schnell wechselten Akkorde mit Ausrufen, die Musik brach wie eine Woge über den Text herein, und der Text trieb das Orchester an - eine gekonnte Kommunikation.
Doch nicht nur mit der Sprecherin harmonierte das Orchester perfekt, sondern auch mit der aus dem Off ertönenden Besetzung, die sowohl der Musik als auch dem Text ins Wort zu fallen schien. Kuhn nutzte hier die Möglichkeiten der Klangvielfalt der Oetkerhalle voll aus, wenn auch leider die Intonation ein wenig darunter zu leiden hatte.
Beethovens 2. Symphonie, für unsere Auffassung heute ein Werk von eher heiterer Grundstimmung, wurde zur Zeit der Uraufführung als »merkwürdig kolossales Werk von Tiefe, Kraft und Kunstgelehrigkeit« beschrieben. Beethoven bricht hier mit seinen Vorbildern Mozart und Haydn; sein erster Satz stellt nicht bloß eine Einleitung dar, sondern besitzt selbst bereits strukturelles Gewicht und beherrscht das Gesamtwerk. Das schlichte Hauptthema wurde von Bratschen und Celli klangschön vorgetragen, die Geigen untermalten es mit einer zurückhaltenden Achtelbewegung, die Kantilenen der Holzbläsern kontrastierten tonschön die schroff wirkenden, steifen Tutti-Akkorde.
Der zweite Satz überzeugte durch seine Transparenz; dynamisch kontrastierend konnte Bielefelds GMD auch hier wieder sein Können unter Beweis stellen. Dabei wurde eine große Linie sichtbar. Die bewundernswerte Präzision wie auch die Homogenität des Bläserensembles beeindruckten im dritten Satz, speziell durch das auf Bläserklang konzentrierte, fast ländliche Trio.
Kraftvoll mündete das Werk in den Finalsatz, dessen Effekte durch mehrere Steigerungen, unterbrochen von Fermaten und Generalpausen, über die hinweg es Kuhn gelang, den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten, einen furiosen Abschluss dieses gelungenen Konzertes bildeten.

Artikel vom 14.03.2005