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Entspannung und Luxus genießen:
Urlaub auf dem Hausboot in Indien

Die Wasserstraßen Keralas - einer der schönsten Landstriche des Subkontinents

Von Markus Poch
Geduldig grummelt der Diesel. Die beiden 160-PS-Maschinen könnten der »M.V.Vrinda« gehörig Dampf machen. Doch darum geht es hier nicht. Mit möglichst wenig Knoten schiebt sich das Hausboot auf einem Teppich aus Wasser-Hyazinthen über den Vembanad-See. Dessen riesige Freiflächen glitzern unter der tropischen Morgensonne. Immer wieder kreuzen Silhouetten kleiner Kähne das gleißende Licht.

Hier wird noch gepaddelt oder gestakt, manchmal hilft ein Segelfetzen beim Transport von Fisch, Bananen oder Baumaterial. Bis auf den einzigen Diesel ist es totenstill - ein Bild der Besinnlichkeit, so weit das Auge reicht.
»Would you like some tea or coffee, Sir?«, fragt Manish. Seine Zähne und seine weiße Uniform mit den goldenen Knöpfen strahlen um die Wette. Ja, ein guter Kaffee ist jetzt genau das richtige. So lässt sich der Stress von zu Hause spielend abbauen - im Urlaub auf den Wasserstraßen Keralas, einem der schönsten Landstriche Indiens.
Meereslagunen, Süßwasserseen, 44 Flüsse und unzählige Kanäle bilden die so genannten »Backwaters«, die Fisch- und Reiskammer der Provinz Kerala im Südwesten Indiens. Sie sind auf mehr als 900 Kilometern schiffbar und ernähren große Teile der 30 Millionen Einwohner. Von der Flutwelle, die Ende 2004 Asien heimsuchte, war die Region nicht betroffen.
Zentrum der Backwaters ist der Vembanad-See mit der Vrinda als neuem Flaggschiff. Gerade erst in der Hafenstadt Cochin vom Stapel gelaufen, stellt sie in Sachen Komfort und Erlebniswert das meiste dessen in den Schatten, was Hausboot-Urlauber auf der Müritz (Mecklenburgische Seenplatte) oder den beliebten Kanälen in Holland, England und Frankreich erleben können.
Das Ganze hat natürlich seinen Preis. Aber Billig-Angebote entsprachen noch nie der Unternehmensphilosophie von Prithvi Oberoi (75). Der Seniorchef der renommierten indischen Hoteliersdynastie verwöhnt seine Gäste schon immer mit feinster Ausstattung und bestem Service. Dafür ist er international bekannt: Die maximal 16 Passagiere der Vrinda verteilen sich auf acht zeitlos schöne Außensuiten mit komfortablem Bad, in dem es herrlich frisch nach Kräutern duftet. Dafür, dass auch sonst zu keiner Zeit des Tages irgendein Wunsch an Bord des 32 Meter langen Schiffes unerfüllt bleibt, sorgt die 18-köpfige, professionell geschulte Crew.
Nach einem warmen Tropenschauer haben Manish und seine Jungs damit begonnen, auf den Planken des Sonnendecks hölzerne Liegen auszuklappen und die Matratzen samt Nackenkissen mit weißem Frottee zu überziehen. Auf dem schattigen Aussichtsdeck darunter verteilt Shalini Fruchtcocktails und Schälchen mit Chili-Nüssen. Kapitän M. J. Paul nimmt unterdessen Kurs auf einen der vielen Kanäle, die in den See münden.
Die Ufer sind gesäumt von den Hütten der Landbevölkerung, von Tropengehölzen wie Kokospalmen, Frangipani, Bambus oder Cashew. Dahinter schimmern hellgrün die Reisfelder. Die Vrinda gleitet weiter voran. Die Luft ist feucht und schwer, aber der Fahrtwind kühlt, solange die körperliche Betätigung den Griff zum Kaltgetränk nicht über-steigt. Ab und zu steht ein Wasserbüffel mampfend an der Strecke. Eisvögel schießen sich ihre Nachmittagssnacks aus dem Wasser. Chefkoch Akhilesh nimmt derweil die Bestellung fürs Abendessen entgegen.
Die Vrinda macht jetzt fest. Ein uriger Bambus-Kutter, dem traditionellen keralischen Gewürzboot nachempfunden, bringt die Besucher durch immer schmalere Kanäle zur 300 Jahre alten, hellblauen St.-Maryƕs-Kirche nach Chambakulam und zum halben Buddha von Karumadi. Die einen Meter hohe Granit-Statue, angeblich 1200 Jahre alt, war im vergangenen Jahrhundert während eines Festes von einem wild gewordenen Arbeitselefanten der Länge nach in zwei Teile geschlagen worden. - Ein Landgang mit solchen Eindrücken macht unweigerlich Appetit.
Zurück auf der Vrinda ist es Zeit für den Sundowner mit Zigarre. Akhileshs fünfköpfige Küchenmannschaft hat inzwischen ein Dinner-Menü kreiert, das jedem internationalen Vergleich standhält: Auf einen knackigen Eisbergsalat mit Feige, Walnuss und Blauschimmelkäse folgen zum Beispiel die klassische Mulligatawny-Pfeffersuppe und Fisch-Curry mit feuriger Goa-Sauce. Zum Nachtisch frohlocken Kalorienbomben wie Kerala Bananen Crème Brulee oder der Jackfruit-Cardamom-Kuchen...
Bei Gin Tonic unter dem Sternenhimmel Südindiens endet ein unvergesslich entspannter und luxuriöser Tag an Bord der Vrinda, der mit den Problemen des wirklichen Lebens rein gar nichts zu tun hatte. Aber das musste er ja auch nicht... Nähere Informationen gibt es unter Telefon 0 08 00/12 34-01 01.
www.oberoihotels.com

Artikel vom 19.03.2005