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Jackson-Prozess wie »Achterbahnfahrt«

»King of Pop« steht in Pyjama-Hosen vor dem Richter

Santa Maria (dpa). Mit seinem verspäteten Auftritt in Pyjama-Hosen und ungekämmten Haaren konnte der selbst ernannte »King of Pop« vor Gericht keine Punkte gewinnen.
Michael Jackson kam ungekämmt und in Schlafanzug-Hosen.

Darin waren sich die Prozess-Kommentatoren der Nachrichtensender einig. Jackson glaube wohl, dass er sich alles herausnehmen dürfe, wetterte ein Beobachter. Tatsächlich hatte der wegen Kindesmissbrauchs angeklagte Sänger den Richter in Santa Maria durch sein Fernbleiben derart verärgert, dass der - wie berichtet - mit Jacksons Inhaftierung drohte, falls er nicht binnen einer Stunde im Gericht sei.
»Er sieht blass aus, aber eigentlich ist er ja immer blass«, fachsimpelte ein Moderator, als der von Rückenschmerzen geplagte Sänger mit schleppendem Schritt eine Stunde später vor Gericht erschien. Seit Beginn vor zwei Wochen hat der Prozess mit dem Auftritt des jugendlichen Hauptzeugen der Anklage einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Während Jackson für dramatische Effekte sorgte, schilderte der 15-jährige Junge knapp, aber drastisch die angebliche Belästigung.
Nur zehn Minuten wurde der Kronzeuge von Staatsanwalt Tom Sneddon direkt zu der schwerwiegenden Anschuldigung des sexuellen Missbrauchs befragt. Jackson habe ihm erst Alkohol gegeben, dann über Masturbation geredet und ihm angeboten, dass er ihm dabei helfen würde, so die Aussage des Jungen, dem die Sache nach eigenen Angaben »peinlich« war.
Als »sympathisch« und »glaubwürdig« hatten Kommentatoren den Jungen am Tag zuvor bei seinem ersten Auftritt im Zeugenstand geschildert. Doch dies könnte sich schon am Montag im Kreuzverhör mit Jackson-Anwalt Thomas Mesereau ändern. Mit einer »Achterbahnfahrt« wurde der Jackson-Prozess schon verglichen. Nach einer Zeugenaussage, bei der die Anklage zunächst punktet, sorgt der Star-Verteidiger durch scharfe Nachfragen prompt für eine Talfahrt. So brachte Mesereau bereits den jüngeren Bruder des angeblichen Opfers in Verlegenheit. Als einziger Augenzeuge war er sich am Ende nicht mehr sicher, ob es nun zwei oder drei Belästigungen gab, die er heimlich beobachtet haben will.
Auch Justizexperten ist vieles rätselhaft. Es sei unklar, ob die beiden Jungen über die gleichen Vorfälle oder unterschiedliche Szenarien sprechen. Das ist Wasser auf die Mühlen der Verteidigung, die von erfundenen Anschuldigungen redet und die Glaubwürdigkeit des 15-Jährigen und seiner Familie in Zweifel ziehen will.

Artikel vom 12.03.2005