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Suche nach »Mann ohne Gesicht«

Cosa Nostra-Boss Bernardo Provenzano führt Polizei an der Nase herum

Rom (dpa). Das Schicksal von Bernardo Provenzano, »Boss der Bosse« der Cosa Nostra, interessiert in Italien fast so sehr wie die Krankheit des Papstes.

Der Mann aus Sizilien ist 72 Jahre alt und wird »Mann ohne Gesicht« genannt, weil das letzte Fahndungsfoto 46 Jahre alt ist. Doch nun zeigen italienische Tageszeitungen ein neues Phantombild. »Er sieht ein bisschen aus wie Giorgio Armani und ein bisschen wie Clint Eastwood«, kommentiert ein Fahnder in Palermo. Das klingt ziemlich bizarr - wie die Saga des Mannes, der die italienische Polizei seit Jahrzehnten an der Nase herumführt. Eine unendliche Geschichte alla italiana.
Erst neulich erlebten die Fahnder mal wieder eine Pleite. Wie so oft gab es einen heißen Tipp: Provenzano verstecke sich in einer Wohnung in Palermo, einen Steinwurf vom Hauptquartier der Polizei entfernt. Spezialfahnder rückten an - doch am Ende standen sie mit leeren Händen da. Provenzano hatte Wind bekommen von der Sache. »Er hat eben immer Informationen aus erster Hand«, sagte sein Ex-Adjutant süffisant. Da geistert die Frage durchs Land: Wird der größte aller »Paten« von ganz oben gedeckt?
Allein die Sache mit dem neuen Phantombild: Die »normale« Polizei auf Sizilien verfügt darüber bereits seit drei Jahren, nur die Mafia-Jäger von den Carabinieri wussten nichts davon. »Absurd«, empört sich ein Spezialfahnder. Der Haken an dem Bild: Es ist angefertigt nach Angaben von inhaftierten Mafiosi, Männern also, denen man sonst nicht über den Weg traut. Tatsächlich ähnelt der Mann auf dem Bild weder Armani noch Eastwood, es ist ein Allerweltsgesicht - erst unlängst wurde wieder ein Unschuldiger festgenommen, weil er dem »Paten« angeblich ähnlich sah. Die Fahnder hoffen nun, dass das Phantombild authentischer geworden ist durch die Aussagen der Ärzte, die Provenzano im Oktober 2003 im südfranzösischen Marseille an der Prostata operierten.

Artikel vom 12.03.2005