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Hoffnung
auf Reformen
gedämpft

Schröder: Mehrwertsteuer tabu

München (AP/dpa). Bundeskanzler Gerhard Schröder hat eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausgeschlossen. Außerdem dämpfte er am Freitag Hoffnungen der Wirtschaft auf eine Unternehmenssteuerreform und eine Senkung der Arbeitslosenbeiträge.

Die Regierung prüfe aber, ob kurzfristige Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft möglich sind, sagte der Kanzler am Freitag in München nach einem Treffen mit den Spitzen der Wirtschaftsverbände. Details zu Wachstumsimpulsen nannte Schröder knapp eine Woche vor dem Spitzentreffen mit der Union nicht.
Am Freitagabend erörterte der Kanzler mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) Eckpunkte eines Konjunkturpakets. An dem Treffen nahmen Außenminister Joschka Fischer (Grüne), SPD-Chef Franz Müntefering sowie Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier teil.
Bei dem Spitzengespräch habe der Kanzler eine Korrektur des Antidiskriminierungsgesetzes zugesagt, berichtete Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Als Sofortmaßnahmen für mehr Wachstum und Arbeitsplätze forderten die Wirtschaftsverbände Schröder nachdrücklich auf, Bürokratie abzubauen, nicht ausgeschüttete Unternehmensgewinne steuerlich zu entlasten und den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um einen Prozentpunkt zu senken.
Schröder entgegnete, eine Unternehmenssteuerreform »kann man nicht übers Knie brechen«. Aber »wir werden schauen, ob wir in diesem Bereich mittelfristig was tun müssen.« Der Sachverständigenrat solle im Herbst Vorschläge machen. Auch eine Senkung der Arbeitslosenbeiträge »ist alles andere als einfach zu machen«, sagte Schröder. Hundts Vorschlag, Qualifizierungsmaßnahmen zu streichen oder über Steuern zu finanzieren, sei jedenfalls »kein Weg, der gangbar ist«. Das würde Arbeitslosengeld-II-Empfänger zusätzlich belasten.
Beim Antidiskriminierungsgesetz und bei der europäischen Dienstleistungsrichtlinie dagegen habe der Kanzler Korrekturen zugesagt, die die Erwartungen der Wirtschaft weitgehend erfüllten, sagte Hundt weiter. In einer Erklärung riefen die Bundesverbände von Arbeitgebern, Industrie, Handwerk und der Industrie- und Handelskammertag die Politik zur »Koalition der Vernunft« auf, um die Weichen zu mehr Wachstum und Arbeitsplätzen zu stellen.
Führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute haben ein Sofortprogramm für mehr Arbeitsplätze und Investitionen vorgeschlagen. Das Programm der Institute IW, HWWA, DIW und IZA enthält die Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung, die Anhebung der Mehrwertsteuer, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, Veränderungen beim Kündigungsschutz sowie die Entbürokratisierung von Zukunftsmärkten. Die Vorschläge sollten zum 1. Juli umgesetzt werden.Seite 4: Kommentar

Artikel vom 12.03.2005