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Robbe ist wieder aufgetaucht

Armine Roberto Pinto: »Ich weiß meinen Job jetzt richtig zu schätzen«

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). »Früher, als ich noch ein kleiner Junge war«, erinnert sich Roberto Pinto, »war ich Fan vom FC Porto. Aber dann habe ich immer mehr den kleineren Vereinen die Daumen gedrückt.« Fan- und Fußballerkarriere des Portugiesen, sie weisen unübersehbare Parallelen auf. Über den VfB Stuttgart und Hertha BSC Berlin fand Pinto den Weg zur Arminia.
Geboren in Stuttgart, doch im Herzen Portugiese: Roberto Pinto mit der Landesflagge.
Tor-Jubel im iberischen Doppel: Pinto (l.) feiert mit Diego Leon seinen Treffer gegen Nürnberg.

Lieber ein kleiner Verein in der ersten als ein großer in der zweiten Liga hatte sich Pinto gedacht, als er im Winter den Eineinhalbjahresvertrag beim Aufsteiger unterschrieb. »Ich hatte auch Angebote von den Absteigern«, sagt er und hätte locker mehr Geld verdienen können. »Aber ich wollte unbedingt in der ersten Liga spielen.«
Noch wohnt Pinto im Hotel, ist aber längst auf Wohnungssuche. Für einen Drei-Personen-Haushalt. »Sandra ist hochschwanger, das Baby kann jeden Moment kommen«, sagt Pinto. Wenn's so weit ist, darf er postwendend los nach Stuttgart. Seine langjährige Freundin bringt den Jungen dort zur Welt - sobald Mutter und Kind wohlauf sind, kommen sie nach Bielefeld.
Statt mit Sandra (25) verbringt der 26-Jährige momentan die meiste Zeit mit seinem Mitspieler Diego Leon. Das iberische Doppel residiert im Mövenpick-Hotel, auch der Spanier kam im Winter neu zum DSC. »Diego spricht ja fast überhaupt kein Deutsch. Ich fühle mich in der Verantwortung«, sagt Pinto, der seinen sechs Jahre jüngeren Teamgefährten an die Hand nimmt.
Zeit und Muße, sich in aller Ruhe seine neue Umgebung anzusehen, hatte Roberto Pinto bisher fast noch gar nicht. Der Arminia-Rechtsaußen: »Als Sandra mal zu Besuch war, haben wir uns ein bisschen umgesehen. Sie war auch schon mit im Stadion, leider beim 0:1 gegen Hannover.« Viel lieber wäre »Robbe« (das ist sein Spitzname aus alter Stuttgarter Zeit, den ihm Ralf Rangnick verpasst hat) natürlich gewesen, seine Freundin hätte beim 3:1 über Nürnberg zugesehen. Pinto gelang sein erstes Tor, es war das fünfte seiner Bundesligakarriere insgesamt. »Ein Torjäger werde ich nie. Aber ich habe mir vorgenommen, etwas egoistischer zu werden. Früher habe ich immer noch mal den Kopf hoch genommen. Uwe Rapolder hat mir den Rat gegeben, häufiger selbst drauf zu halten.«
Der Anfang ist gemacht, »das Tor gegen Nürnberg war wie eine Befreiung. Ich kann's gar nicht richtig beschreiben. Ich hatte das Gefühl, wieder richtig in der Bundesliga dabei zu sein«, sagt Pinto.
Kein Wunder. Nicht nur, dass er vor dem Club-Kick zum letzten Mal vor einer kleinen Ewigkeit ins Tor getroffen hatte, genau gesagt am 17. April 2004, damals für die Hertha. Sechs Monate Ungewissheit darüber, ob, wenn und wie seine Bundesligakarriere weitergehen würde, lagen hinter ihm. Weil sein Vertrag bei Hertha Ende der vergangenen Saison auslief und nicht verlängert wurde, war Pinto von einem Tag auf den nächsten arbeitslos. Der kleine Schwabe wirkt nachdenklich, wenn er über diese Zeit spricht. »Ich habe gemerkt, wie es ist, ein normaler Bürger zu sein. Ich bin wieder bei meinen Eltern in Stuttgart eingezogen, von dort nach Reutlingen zum Training gefahren und abends wieder nach Hause. Auch Sandra hat bei ihren Eltern gewohnt. Für mich war das gar kein Problem. Ich bin ein Typ, der immer auf dem Boden geblieben ist. Ich bin einfach zu meinen Wurzeln zurückgekehrt.«
Dank guter Kontakte durfte sich Pinto beim Oberligisten SSV für seine Rückkehr auf die Bundesligabühne fit halten. »Das war natürlich schon etwas anderes, als täglich mit einem Bundesligisten zu trainieren. Ich habe dann bei Arminia Gas gegeben. Uwe Rapolder wollte natürlich sehen, wie fit ich bin.« Die Konsequenz von Pintos Powertraining: Diverse Blessuren, ein leichter Infekt, das alles warf ihn etwas zurück. »Ich wollte es halt unbedingt wissen«, erklärt er sein Engagement an der Schmerzgrenze.
Immerhin, der Aufwand hat sich gelohnt. Pinto bekam bei Arminia nicht nur einen Vertrag, »ich weiß jetzt auch richtig zu schätzen, was ich an meinem Beruf habe«. Früher träumte der Techniker mal von der Nationalmannschaft, »jetzt will ich einfach wieder der Alte sein. Ich habe ein halbes Jahr nicht gespielt, da kann ich schlecht sagen: Hey, Arminia, ich möchte einen Stammplatz.«
Lesen Sie auch einen Bericht über den Hamburger SV auf der Sportseite 3.

Artikel vom 12.03.2005