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Nun »sitzt« ein Profi

Ehemaliger Bundesligaspieler Steffen Karl verhaftet

Berlin (dpa). Mit der Festnahme des früheren Bundesligaprofis Steffen Karl hat der Wett- und Betrugsskandal im deutschen Fußball eine neue Dimension erreicht. Zwei Tage nach der Verhaftung von Zweitliga-Schiedsrichter Dominik Marks wurde auch der 35 Jahre alte Verteidiger vom Nord-Regionalligisten Chemnitzer FC in Untersuchungshaft genommen.
Insgesamt gibt es laut dem Berliner Staatsanwalt Michael Grunwald in der durch den Hauptbeschuldigten und früheren Schiedsrichter Robert Hoyzer ausgelösten Affäre mittlerweile 25 Beschuldigte. Gegen Karl, der seit zwei Jahren in Chemnitz spielt, dort verhaftet wurde und in Berlin in Untersuchungshaft sitzt, besteht dringender Tatverdacht wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs, der versuchten Verbrechensabrede und Nötigung.
Als Haftgrund wurde Verdunkelungsgefahr genannt, weil Karl den Zeugen Georg Koch, früher Torwart bei Energie Cottbus, jetzt MSV Duisburg, bedroht haben soll. »Davon gehen Gericht und Staatsanwaltschaft aus«, teilte Gerichtssprecher Arndt Bödenkover nach der Verhaftung des Profis im Kriminalgericht Moabit mit.
Im Fall Karl wurde noch nichts über Bestechungsgelder bekannt. »Ich bin sehr überrascht«, sagte Chemnitz-Trainer Dietmar Demuth vor dem Punktspiel seines Clubs am Samstag in Uerdingen. Karl gehört nicht zum CFC-Aufgebot, da er sich wegen einer Blessur abgemeldet hatte. »Sollte der kleinste Funke Wahrheit dran sein, ist klar, dass Karl nicht mehr für den FC spielt«, kündigte CFC-Vorstandsmitglied Mathias Hänel an. Karl, der für Borussia Dortmund und Hertha BSC 99 Bundesliga-Spiele bestritten hat, hat sich zur Sache nicht geäußert. Sein Verteidiger erklärte, dass sich sein Mandant am Montag aber vernehmen lassen will.
Laut Amtsgericht sollte der Fußball-Profi in Absprache mit dem ebenfalls in Untersuchungshaft sitzenden Ante S. am 22. Mai 2004 im Spiel des SC Paderborn gegen den Chemnitzer FC durch ein Foulspiel im eigenen Strafraum Schiedsrichter Hoyzer die Gelegenheit verschaffen, einen Elfmeter zu pfeifen. Das Spiel endete 4:0, es gab zwei Elfmeter für Paderborn, die allerdings nicht von Karl verursacht wurden.
Der Name Karl war von Duisburgs Torhüter Koch Anfang Februar erstmals ins Spiel gebracht worden. Koch berichtete, dass sich vor der Partie seines Ex-Vereins Cottbus gegen Jahn Regensburg ein Mann mit dem Namen »Steffen Karl« bei ihm gemeldet und ihm 20 000 Euro für den Fall angeboten habe, dass er ein, zwei Mal den Ball ins Tor lasse. Koch betonte, dass er nicht wisse, ob es sich tatsächlich um Karl gehandelt habe. Per Telefon sei er zum Schweigen aufgefordert worden, sonst würde »etwas passieren.«
Der Fernseh-Auftritt von Robert Hoyzer in der ZDF-Sendung »Kerner« ist nach Angaben der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« teurer gewesen als bisher angenommen. Demnach habe der TV-Gast neben 500 Euro Honorar auch Fahrtkosten in Höhe von 200 Euro erhalten. Außerdem soll Hoyzer-Anwalt Thomas Hermes für Honorar und Fahrtkosten weitere 6751,21 Euro in Rechnung gestellt haben, darunter 250 Euro für einen Leibwächter für Hoyzer.
Moderator Johannes B. Kerner hatte als Bezahlung für den umstrittenen Auftritt am 8. Februar »500 Euro Honorar zuzüglich Mehrwertsteuer« angegeben. Die FAZ errechnete nun eine Gesamtsumme von 7451,21 Euro. ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut bestätigte die Informationen. Es handele sich im Fall Hoyzer um eine »Ausnahme«, sagte Bellut.

Artikel vom 12.03.2005