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Leverkusen will
wiederkommen

Jetzt ist Durchhalten angesagt

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Leverkusen (WB). An so einem Fußball-Abend ist es wahrscheinlich das Schlimmste für eine Mannschaft, wenn sie noch zu Ende spielen muss und nicht nach Hause darf. Bayer 04 Leverkusens Profis wussten schon nach einer guten halben Stunde, dass sie im Champions League-Achtelfinale am FC Liverpool scheitern würden. Aber früher abgepfiffen wurde in der BayArena trotzdem nicht.
Beim Abgang wird es einsam: Leverkusens Bernd Schneider ist ganz allein unterwegs. Foto: dpa
Sein Ausscheiden begriff der Bundesligist innerhalb von 240 Sekunden. Der von Luis Garcia geschnürte Doppelpack (28./32.) nahm den Leverkusenern auch die letzte Hoffnung auf ein Weiterkommen. So richtig geschockt hat es allerdings niemanden im Verein. Denn personell pfiff Bayer aus dem letzten Loch. »Es ist schwer, ein 1:3 aus dem Hinspiel aufzuholen, wenn fünf Stammspieler fehlen«, sagte Trainer Klaus Augenthaler. So machte sein Team das Resultat von der Anfield Road auch nicht wett, sondern wiederholte es nur. Nach Milan Baros' Treffer (67.) sorgte Jerzy Krzynowek (90.) für diese Neuauflage.
1:3 und 1:3 macht 2:6. Viele Argumente gab es gegen diese Zahlenkombination nicht - auch wenn Augenthaler meinte, Mitte der ersten Halbzeit einen kleinen Hoffnungsschimmer am Abendhimmel entdeckt zu haben. »Als wir unsere Chancen hatten, fiel die Entscheidung«, beklagte der Trainer die vergebenen Möglichkeiten von Franca und Landon Donovan.
Doch was heißt schon Torgelegenheit? Beide Leverkusener semmelten wenig elegant über den Ball und fabrizierten treffsicher zwei Luftlöcher. In Luft lösten sich kurz darauf auch alle verbliebenden Gedanken an ein Fußball-Wunder auf. Augenthaler hatte es geahnt. Ohne die komplette Abwehrreihe (Juan, Roque Junior, Nowotny), ohne Spielgestalter (Robson Ponte) und ohne rechten Offensivflügel (Freier) war Bayer Leverkusen nicht Bayer Leverkusen. Hier stand eine überforderte Elf auf dem Platz, in Schutz genommen vom Trainer: »Es gibt keinen Schaden ohne Nutzen. Und nur in solchen Spielen können unsere jungen Leute ihre Erfahrungen machen und dazu lernen.« Jan-Ingwer Callsen-Bracker dürfte aber noch vom tschechischen Nationalstürmer Baros träumen und der verhinderte Spielmacher Donovan glaubt gar nicht erst, sich noch einmal zeigen zu dürfen: »Nach dieser Leistung wird mich der Trainer wohl nicht aufstellen.«
Wozu sie in bester Besetzung fähig sind, konnten die Leverkusener in dieser Saison aber auch schon vorführen. Augenthaler verband seinen Rückblick mit einem Ausblick: »Es hätte niemand von uns erwartet, dass wir die schwere Gruppe mit Rom, Kiew und Madrid überstehen. Diese Spiele haben gezeigt, wie schön es ist, in der Champions League dabei zu sein. Wir wollen da wieder hin. Das habe ich meinen Spielern auch schon in der Kabine gesagt.«
Von Bundesligaposition sieben aus fällt das allerdings schwer. Das Duell mit dem Fünften Hertha BSC ist morgen schon ein kleines Finale. Vier Punkte trennen Leverkusen von Platz drei. Zumindest Robson Ponte und Paul Freier kehren zurück. Auch die gegen Liverpool verletzt ausgewechselten Dimitar Berbatov (Brustbeinprellung) und Carsten Ramelow (Schlag auf die Wade) wollen auflaufen. Aber es bleibt die ebenso unterbesetzte wie wackelige Defensive, die dem Trainer Sorgen macht. Klaus Augenthaler gibt jetzt nur strammes Durchhalten vor: »Wir müssen die nächsten Wochen irgendwie überstehen.«

Artikel vom 11.03.2005