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»Durch Deutschland geht kein Ruck«

Bielefelder Unternehmensberater analysiert die Wirtschaftskrise

Von Edgar Fels
Bielefeld (WB). Die deutsche Wirtschaft steht derzeit alles andere als gut da. 5,2 Millionen Arbeitslose sprechen für sich. »Unsere Wirtschaftskrise ist eine Führungs- und Vertrauenskrise«, analysiert der Bielefelder Unternehmensberater für Kommunikation Reimar Unterlöhner (49).

In seinem soeben veröffentlichten Buch »Fair zur Gesellschaft - Macht und Eigentum verpflichten« fordert er die Entscheidungsträger auf, mehr Verantwortung zu übernehmen.
»Unsere Gesellschaft erodiert: im Politischen, im Wirtschaftlichen, im Privaten«, schreibt Unterlöhner. »Die Politik ist schon mit der Verwaltung des Gegenwärtigen überfordert. Für die Gestaltung des Zukünftigen fehlen ihr Inspiration und Macht.« Die großen Unternehmen hätten ihre Mitverantwortung für den Zustand und die Zukunft unseres Gemeinwesens minimiert. Im Volk wachse eine Schrebergartenkultur der Anspruchs- und Besitzstandswahrung. »Durch Deutschland geht kein Ruck, nur Geruckel«, moniert Unterlöhner.
Das Primat der Zukunftsgestaltung gehe von der Politik auf die Wirtschaft über. Darin sieht der Journalist, der seinen beruflichen Werdegang als Redenschreiber für den CDU-Politiker Heiner Geißler begann, aber auch Chancen. Besonders die unternehmerischen Eliten unseres Landes müssten sich entscheiden, ob sie sich mit der Maximierung ihrer Vermögen im doppelten Wortsinn »abfinden« oder ob sie sich als Staatsbürger begreifen und das Gute über das Angenehme stellen.
Unterlöhner beklagt, dass zu viele Menschen in ihren Bürgerrechten »soziale Schürfrechte« sehen und »Raubbau an der Gesellschaft« betreiben. Unternehmer und Manager müssten ihr Verhalten kritisch hinterfragen und, wo nötig, sichtbar ändern. »Selbstverpflichtung muss an die Stelle von Selbstgefälligkeit rücken.«
Positiv hebt Unterlöhner die Rolle von Unternehmens-Stiftungen hervor, unter anderem die der Bertelsmann-Stiftung. Als ehemaliger stellvertretender Konzernsprecher des Gütersloher Konzerns lernte er den Bertelsmann-Patriarchen Reinhard Mohn gut kennen. »Ein Mann mit Ecken und Kanten«, der in den 60-er und 70-er der »rote Mohn« genannt wurde, weil er sozialreformerische Ideen verwirklichte, schreibt Unterlöhner. »Alle Bertelsmänner beteiligte er am Unternehmensgewinn.« Die Gründung der Stiftung 1977 sei auch auf Mohns Haltung zurückzuführen, dass Eigentum verpflichte. Die Gegenwart verändern, die Zukunft gestalten - das sieht Unterlöhner als gemeinsamen Nenner vieler Stiftungen.

Reimar Unterlöhner: »Fair zur Gesellschaft«, Murmann-Verlag (Hamburg), 220 Seiten, 24,90 Euro.

Artikel vom 12.03.2005