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Autorin Ursula Lenkewitz und ihr Mentor Dieter Knobelsdorf im Erzählcafé.Foto: Annemargret Ohlig

Die zwei großen »F«: Freude und Frust

Ursula Lenkewitz über den »schweren Weg, das Schreiben lernen zu wollen«

Brackwede (oh). Wer sagt, dass im Erzählcafé nur »erzählt« werden darf? Ursula Lenkewitz zeigte jetzt bereits zum zweiten Mal: Auch das Vorlesen kommt bei den Besuchern im Brackweder Bartholomäus-Gemeindehaus gut an. Es muss nur etwas Besonderes sein.

»Damals, als Ursula Lenkewitz erstmals hier gelesen hat, haben Sie sie durch Ihr Zuhören und Ihren Beifall ermutigt. Das Ergebnis Ihrer Ermutigung haben Sie erneut vor sich«, so kündigte Dieter Knobelsdorf, Schreibwerkstatt-Leiter und langjähriger Mentor und Freund, seine begabte »Schülerin« im Erzählcafé an.
Es sind die kleinen, aber wesentlichen Dinge des Alltags, denen die 74-Jährige bevorzugt eine literarische Form gibt. Die beiden große »F« - Freude und Frust - sind Ursula Lenkewitz' Themen. »Der große Roman, für den sie den Literaturnobelpreis erhält - der steht noch aus«, meint Knobelsdorf launig. Aber sie lege beim Aufschreiben die nötige Frische, Lebendigkeit und entsprechendes Selbstvertrauen an den Tag.
Dass dies jedoch nicht auf Anhieb ein Erfolg sein muss, schilderte die »Nachwuchsautorin« ihrem amüsierten Publikum gleich in der ersten kleinen Geschichte »Vom schweren Weg, das Schreiben lernen zu wollen«. Lustig und spannend, so sollten die Geschichten sein, die sie damals für ihren fünfjährigen Enkel Björn geschrieben hatte. Doch dessen einziger Kommentar lautete »Schön, Oma - machst du jetzt wieder den Fernseher an.« Das große »F«, das eigentlich für Freude stehen sollte, verwandelte sich umgehend in das Frust-»F«.
Ursula Lenkewitz gab trotz der eindeutigen Enkel-Kritik nicht auf. Sie verordnete ihrer Schreiblust vielmehr ein »professionelles« Fundament und schloss sich in Gütersloh der VHS-Schreibwerkstatt an. Und sie wurde Redakteurin mit dem Aufgabenbereich Feuilleton der Senioren-Zeitschrift »Monokel«.
Gleichwohl blieben die kleinen Dinge des Lebens - heitere, besinnliche, nachdenkliche - die Grundlagen für ihre Geschichten. Zum Beispiel: Das Missgeschick über den im Kofferraum ihres Autos »eingeschlossenen« Wagen- und Wohnungsschlüssel und den Studenten, der ihr so uneigennützig aus ihrer Not hilft. Ursula Lenkewitz schildert dieses zum Vergnügen der Zuhörer mit dem ihr eigenen Humor - und mit großer Nachdenklichkeit, die Vorurteilen über »die jungen Leute« keinen Raum lässt.
Auch Erinnerungen an die Zeit nach dem Krieg, an selbst erfahrene Krankheit und die Kräfte der Heilung, den liebenswerten Teppich-Prinz aus dem Morgenland, der ihr nicht nur einen Teppich verkauft, sondern dazu seine Geschichte, trug Ursula Lenkewitz ihrem aufmerksam lauschenden Publikum vor. Ein besonderer Erzählcafé-Nachmittag!

Artikel vom 14.03.2005