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Clement - der ewige Optimist

Werbung für Arbeit in schwerer Zeit nicht ohne Stolz auf das Erreichte

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Trotz Massenarbeitslosigkeit bleibt Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement Optimist. In Bielefeld berichtete er gestern von »Millionen neuer Arbeitsplätze, davon tausende im IT-Bereich«.

Mit der parteiübergreifenden Initiative »Teamarbeit für Deutschland« warb er bei dem 18. regionalen Aktionstag für weitere Arbeits- und Ausbildungsstellen. Es entstünden durchaus ständig neue Arbeitsplätze auch innerhalb Deutschlands, präzisierte Clement seine etwas andere Sicht der Dinge. Wachstumssparten seien etwa Logistik und optische Technologien. Clement fügte allerdings hinzu, »dass diese Ergebnisse nicht reichen, das weiß selbst ich.«
Wirtschaftspolititische Zuversicht verbreitete Clement sowohl bei einer Pressekonferenz als auch in einem anderhalbstündigen Unternehmergespräch, in dem es heftige Kritik an Ausbildungshemmnissen, der EU-Dienstleistungsrichtlinie und am Antidiskriminierungsgesetz hagelte.
Fairness und Gleichberechtigung seien in Deutschland »schon in allen Facetten geregelt«, stimmte Clement ein. Er sagte aber auch, Deutschland müsse entsprechende EU-Vorgaben »in einer vierstufigen Kaskade umsetzen«. Davor müsse niemand Angst haben, erntete er Kopfschütteln beim Publikum im Bielefelder Ringlokschuppen.
Offensiver wurde der zunächst angekündigte, dann aber doch fehlende NRW-Wirtschaftsminister Harald Schartau (SPD) von Düsseldorf aus. Dessen geplante Teilnahme am Aktionstag war von der CDU als parteipolitisch motiviert verurteilt worden. Per Deutschlandfunk kündigte Schartau an, er wolle die SPD-Bundestagsabgeordneten aus NRW gegen die im Antidiskrimierungsgesetz enthaltenen bürokratischen Auswüchse in Stellung bringen. Schartau warnte vor der drohenden Vernichtung von Arbeitsplätzen. Der Düsseldorfer Oppositionsführer Jürgen Rüttgers (CDU) hatte das Gesetz zuvor als »Jobkiller« tituliert.
In Bielefeld verteidigte Bundesarbeitsminister Clement auch die von Mittelstand und Freiberuflern gefürchtete EU-Dienstleistungsrichtlinie. Es komme zu Nachbesserungen, die Härten abwehrten, versprach Clement. Den Grundgedanken eines europaweiten Wettbewerbs um Dienstleistungen hält er aber für richtig. Letztlich würde die Richtlinie auch Deutschland mehr Arbeit bringen, als sie vernichte. 70 Prozent aller Beschäftigten seien im Sektor Dienstleistung tätig, aber nur 14 Prozent von deren Wertschöpfung finde außerhalb der deutschen Grenzen statt. Schon allein die glänzenden Exporterfolge im Industriebereich zeigten, welche Chancen für deutsche Dienstleistungen europaweit noch ungenutzt blieben.
Das rief erhebliche Zweifel auf Seiten des Handwerks hervor. Schon jetzt gehe massenhaft Arbeit verloren, hieß es. Die Öffnung auch noch dieses Marktes erfolge zum absolut falschen Zeitpunkt wirtschaftlicher Schwäche. Der Region Ostwestfalen-Lippe drohe der Verlust von 10 000 Arbeitsplätzen allein wegen der EUDienstleistungsrichtlinie. Clement erwiderte mit Ludwig Erhardt. Der CDU-Wirtschaftsminister habe in noch schwererer Zeit mutig auf neue Wege gesetzt und letztlich großen Erfolg gehabt.
Berichte über osteuropäische Schlachter, die angeblich auch in Ostwetsfalen-Lippe heimische Arbeitskräfte verdrängen, würden sehr genau geprüft. Vermutlich handle es sich um klare Verstöße gegen einschlägige Gesetze, meinte Clement.
Er machte machte aber kein Hehl aus seiner Absicht, berufsständische und aus der Zunfttradition des Handwerks rührende Abschottungen aufheben zu wollen. Der Minister: »Ich warne vor einer Diskussion ausgerechnet unter Unternehmern, wie man Wettbewerb verhindern kann.«

Artikel vom 09.03.2005