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Nie wieder auf
den Fußball-Platz

Morddrohungen: Frisk tritt zurück

Stockholm (dpa). Nach massiven Morddrohungen hat Schwedens Top-Schiedsrichter Anders Frisk (42) seine Karriere mit sofortiger Wirkung beendet und damit ein Zeichen gegen Gewalt im Fußball gesetzt: »Ich habe viel darüber nachgedacht, was im Leben wirklich wichtig ist. Ich werde nie wieder einen Fußballplatz betreten.«

Der neben dem Deutschen Markus Merk und dem Italiener Pierluigi Collina zu den absoluten Top-Schiedsrichtern im Weltfußball gehörende Frisk begründete seinen völlig überraschenden Schritt mit einer Welle von Drohungen seit dem Hinspiel im Achtelfinale der Champions League zwischen dem FC Barcelona und Chelsea London Ende Februar.
»Das waren die schlimmsten 16 Tage in meiner Laufbahn. Ich habe meine Tochter aus Angst den Briefkasten nicht mehr öffnen lassen«, sagte Frisk, bei dem nach eigenen Angaben zahlreiche Morddrohungen von Chelsea-Anhängern per Telefon, Post und Mail eingegangen sind. Unmittelbar nach dem Spiel in Barcelona, bei dem Frisk dem Chelsea- Spieler Didier Drogba eine umstrittene Gelb-Rote Karte gezeigt hatte, war ihm vom Londoner Trainer José Mourinho vorgeworfen worden, dass er Barcelona-Coach Frank Rijkaard während der Halbzeitpause in seiner Kabine empfangen habe.
»Alle müssten eigentlich wissen, dass ich während eines Spiels niemals einen Trainer in meine Kabine lasse«, wies Frisk die Verdächtigungen entrüstet zurück.
Auch das Weiterkommen von Chelsea nach dem 4:2-Sieg im Rückspiel habe die Bedrohungen nicht weniger werden lassen. »Es ist mit jedem Tag weiter eskaliert. Ich bin Dingen ausgesetzt worden, die für mich früher unvorstellbar waren. Jetzt hoffe ich, dass diese Leute damit aufhören, wenn sie wissen, dass ich nicht mehr pfeife«, sagte Frisk. In seiner Karriere leitete der Schwede 118 internationale Spiele, darunter das Europameisterschafts-Finale 2000 zwischen Frankreich und Italien (2:1 n.V.) in Rotterdam.
Volker Roth, Chef der deutschen und europäischen Schiedsrichter, reagierte mit Verständnis und übte zugleich Kritik an den vermeintlich Schuldigen. »Ich bin geschockt, aber ich kann Anders Frisk verstehen. Sein Rücktritt ist eine Folge der Verantwortungslosigkeit, mit der vor allem einige Trainer - übrigens auch bei uns - immer wieder vorgehen. Sie hetzen mit ihrem Verhalten die Fans gegen die Schiedsrichter auf. Ich vermute, Frisk ist nicht der Letzte, der sagt: Das tue ich mir und meiner Familie nicht mehr an«, sagte Roth der »Bild am Sonntag«.
Frisk war in dieser Saison bereits zwei Mal ins Fadenkreuz aufgebrachter Fans geraten. Im vergangenen September war er beim Gruppenspiel der Champions League zwischen AS Rom und Dynamo Kiew beim Gang zur Halbzeitpause von einer Münze getroffen worden und blutend zusammengebrochen. Das Spiel wurde abgebrochen und mit 3:0 für Kiew gewertet. Drei Monate später bewarfen ihn spanische Zuschauer beim Champions-League-Spiel zwischen dem FC Valencia und Werder Bremen (0:2) mit Gegenständen.

Artikel vom 14.03.2005