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Futter für Leib und Seele

Literatur auf Brötchentüten soll Lesemuffel anregen

Von Uta Jostwerner (Text)
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein, auch der Geist will gefüttert werden. Unter diesem Aspekt ist es eher verwunderlich, dass zuvor noch niemand auf die Idee gekommen ist, Literatur auf Brötchentüten drucken zu lassen.

Jens W. Gantzel und Frank Riepe, zwei pfiffige Kulturschaffende aus Bielefeld und Bremen, machen's möglich. Das vor gut eineinhalb Jahren als Partyidee geborene Kind wächst und gedeiht. Wer zum Beispiel in den Naturkostläden »Früchte der Natur« und »Löwenzahn« in Bielefeld einkauft, bekommt seine Brötchen in Tüten mit dem Markennamen »Lesefutter«. Der Inhalt nährt den Magen und der Aufdruck - ein Gedicht, eine Kurzgeschichte oder ein Essay -Êden Geist.
Mittlerweile ist die bundesweite Vermarktung angelaufen. »Wir suchen die Autoren aus, kümmern uns um das Layout und die Öffentlichkeitsarbeit, und ein Kooperationspartner in der Nähe von Koblenz druckt und verkauft die Tüten«, erklärt Jens W. Gantzel
Gewinn wirft das Projekt nicht nur durch den Verkauf der Tüten ab, sondern vornehmlich durch Werbeaufdrucke, die Firmen dort platzieren können. Somit sei es möglich, den Autoren ein gutes Honorar zu zahlen, sagt Gantzel. Ausgesucht werden junge Schriftsteller, die noch keinen großen Bekanntheitsgrad erreicht haben. Lediglich zwei prominentere Autoren, der aus dem »Scheibenwischer« bekannte TV-Kabarettist Jess Jochimsen und der türkischstämmige Osman Engin wurden als Zugpferde ins Boot genommen.
Die Lektoren legen Wert auf frühstücksfreundliche Lektüre. »Die Texte dürfen zwar Tiefgang haben, sollen aber nicht kitschig sein. Wir achten sehr darauf, dass ein Leser damit gut in den Tag starten kann«, betont Gantzel. Denn nicht zuletzt sollen die Texte Menschen erreichen und bereichern, die sonst eher weniger mit literarischen Texten zu tun haben.
Viele profitieren also von dem Projekt, das am Ende auch irgendwann einmal Jens W. Gantzel und Frank Riepe ernähren soll. Von wegen brotlose Kunst . . .

Artikel vom 09.03.2005