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Die Stimme des
Prager Frühlings

Ota Filip wird heute 75 Jahre alt

Von Hilmar Bahr
Murnau (dpa). Als Autor des »Prager Frühlings« ist Ota Filip bekannt geworden. Heute wird er 75 Jahre alt. Mit der gewaltsamen Niederschlagung der Reformbewegung 1968 in der damaligen Tschechoslowakei schien die Karriere des Schriftstellers bereits beendet.
Ota Filip hat 1974 die CSSR verlassen.
»Sein Vaterland kann man sich nicht aussuchen - das ist das Problem«, sagt Filip, »aber sein Zuhause kann man frei wählen«. Der 1974 in die Bundesrepublik emigrierte Schriftsteller lebt seit Jahren im oberbayerischen Murnau am Staffelsee. »In meiner früheren Heimat fehlen mir inzwischen zwei Generationen, in Deutschland kennt man mich von Hamburg bis Garmisch.« Derzeit arbeitet Filip seine Lebensgeschichte literarisch auf.
Bereits erschienen ist der autobiografische Roman »Der siebente Lebenslauf«, der am Beispiel einer Familiengeschichte die Zeit von 1939 bis 1952 behandelt. Mit dem zweiten Teil - »Der achte Lebenslauf« - sei er fast fertig. In dem 2000 Seiten starken Werk beleuchtet er die Zeit bis ins Exil.
Wegen zweier im Westen erschienener Romane und seines Widerstands gegen den Einmarsch der Warschauer Truppen in die CSSR wurde er 1969 verhaftet und zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Nach internationalen Protesten kam Filip vorzeitig aus der Haft; doch seine Werke wie der autobiografisch geprägte, bittere Schelmenroman »Die Himmelfahrt des Lojzek Lapacek aus Schlesisch Ostrau« (1973) wurden damals in seiner Heimat nicht gedruckt. 1974 gab Filip dem wachsenden Druck der politischen Führung nach und ging mit seiner Frau und seinen beiden Kindern ins Exil in die Bundesrepublik Deutschland. Sein erster, in Deutsch geschriebener Roman »Der Großvater und die Kanone« kam 1981 heraus. Grotesken Realismus und Fabulierkunst zeigte Filip im »Cafe Slavia« (1985) - einem ironisch-utopischen Rückblick auf Prags Geschichte.

Artikel vom 09.03.2005