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Frauen und ihre Rechte stärken

Politikerinnen: Gleichberechtigung eine Herausforderung des Jahrhunderts

Berlin/Straßburg (AP/dpa). Zum Internationalen Frauentag haben Vertreterinnen von Politik und Verbänden eine Stärkung der Frauenrechte und erneut mehr Gleichberechtigung angemahnt.
Trotz bereits erzielter Fortschritte sei die Gleichberechtigung eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, sagte Bundesentwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul gestern in Berlin. Für die FDP betonte Ina Lenke, Frauen hätten im Erwerbsleben nur dann gleiche Chancen, wenn die Familienarbeit von Männern gleichermaßen anerkannt werde.
Wieczorek-Zeul sagte, wer Entwicklung fördern wolle, müsse Frauen und ihre Rechte stärken. »Denn dort, wo Frauen ihre Rechte kennen und sie auch einfordern, können sie sich gegen Willkür zur Wehr setzen und ihre persönliche Lebenssituation verbessern.« Noch immer stellten Frauen zwei Drittel der Analphabeten weltweit, besäßen nur ein Prozent des globalen Vermögens und verrichteten weltweit mehr als 70 Prozent der unbezahlten Arbeit.
Zehn Jahre nach der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking sei vieles verändert worden, »aber es bleibt noch vieles zu tun«. Die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ina Lenke, betonte, man dürfe nicht immer nur bei Frauen nach fehlender Gleichberechtigung suchen. »Vätern, die Elternzeit in Anspruch nehmen, wird beruflicher Ehrgeiz und Zielstrebigkeit im Beruf abgesprochen«, sagte Lenke. Der Elternzeit nehmende Vater müsse Normalität werden, damit junge Frauen von Arbeitgebern nicht automatisch als kommende Mütter und ausfallende Arbeitskraft betrachtet würden.
Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) hat sich nach eigenen Angaben schon wegen ihres Geschlechtes diskriminiert gefühlt. Als sie ein Spitzenamt in ihrer Fraktion übernommen habe, habe es »sexistische Angriffe« gegeben, sagte Höhn.
Am Internationalen Frauentag haben auch Abgeordnete im Europaparlament mehr Anstrengungen zur Gleichstellung von Frauen und Männern gefordert. Die Europäische Kommission kündigte die Gründung eines Instituts für Gleichstellungsfragen an. Für das geplante Institut stehen von 2007 bis 2013 knapp 53 Millionen Euro zur Verfügung. In dem Institut solle sich ein spezialisiertes Gremium wissenschaftlich mit der Gleichberechtigung befassen und Daten sammeln, die Grundlage für politische Entscheidungen sein sollen, auch im Bereich der Wirtschaftspolitik.
»Mindestens ein Fünftel aller Frauen in der EU sind Opfer von Gewalt. Es handelt sich um eine Epidemie«, sagte die liberale Abgeordnete Maria Carlshamre in Straßburg. Außerdem würden viele Frauen und Mädchen in Europa wie Vieh behandelt. Wie die SPD-Abgeordnete Lissy Gröner sagte, werden jährlich mehrere 100 000 Frauen zum Zweck der Prostitution in die EU eingeschleust.
Parlamentspräsident Josep Borrell kritisierte, dass die Gehaltsunterschiede auf konstant hohem Niveau geblieben seien. Für dieselbe Arbeit erhielten Frauen in der EU durchschnittlich 18 Prozent weniger Lohn als Männer. In einigen Ländern lägen die Unterschiede deutlich darüber. »In unserer Union gibt es alarmierende Zeichen für eine Feminisierung der Armut«, sagte Borrell.
Der für die Gleichstellung zuständige Kommissar Vladimir Spidla sagte: »Wenn Europa konkurrenzfähig sein soll, muss es innovativ und kreativ sein. Ohne die Ideen und das Engagement von Frauen hat Europa keine Chance.«
Der Verein Pro Asyl wies anlässlich des Frauentages auf die Strafen hin, die für Frauen in manchen Staaten bei Nichtbeachtung von Kleidervorschriften und Moralvorstellungen drohten. Diese dürften nicht länger bagatellisiert werden. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 09.03.2005