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Der Merkur, hier mit Werkstattleiter Egbert Wortmeier, wird bei Quakernack überarbeitet. Foto: Pierel

»Alle rechtlichen
Fragen geklärt«

Stadt glaubt sich auf sicherer Seite

Bielefeld (bp). Die Brunnenschale steht seit gestern auf dem Bunnemannplatz, die Bronzeskulptur des Merkur ist in der Werkstatt, um verrostete Schraubverbindungen wieder gängig zu machen, dem Beginn der Pflasterarbeiten auf dem Alten Markt steht buchstäblich nichts mehr im Weg.

Damit ist umgesetzt, was die politischen Gremien bereits im Sommer 2002 beschlossen haben. Damals sagten sie »ja« zum Gesamtkonzept Altstadtsanierung - und das sieht vor, dass der Merkurbrunnen einen anderen als den angestammten Platz finden soll. Was Bürger und Kommunalpolitiker ärgert: die Durchführung als Nacht-und-Nebel-Aktion (das WB berichtete). Gabriele Schäfers-Wienecke (SPD), Vorsitzende des Kulturausschusses, ist grundsätzlich dafür, dass der Merkur vom Alten Markt auf den Bunnemannplatz umgezogen ist, ärgert sich aber darüber, dass eine entsprechende Anfrage zur Sache, die sie am 23. Februar im Ausschuss stellte, bis dato nicht beantwortet wurde. Gabriele Schäfers-Wienecke: »Uns wurde suggeriert, der Brunnen würde in der Woche vor Ostern umgesetzt - es kann nicht sein, dass es länger dauert, eine Anfrage zu beantworten als den Brunnen umzusetzen.«
Sie hatte auch um Klärung der rechtlichen Fragen gebeten. Die Anfrage wanderte vom Rechtsamt zum Bauamt und wieder zurück. Rechtsdezernent Rainer Ludwig ging gestern davon aus, dass »alle rechtlichen Fragen geprüft sind«. Im Namen der Verwaltung war im Kulturausschuss mitgeteilt worden, dass es der Witwe des Künstlers Herbert Volwahsen vor allem wichtig sei, dass der Merkurbrunnen einen würdigen Platz in der Altstadt finde, und dass sie auf alle Ansprüche verzichtet habe, »falls solche Ansprüche überhaupt bestehen«. Bislang allerdings gibt es darüber keine schriftliche Erklärung.
Schwarz auf weiß liegen dagegen sechs Unterschriften von Mitgliedern der Familie Volwahsen vor. Sie haben eine Liste gezeichnet, mit deren Hilfe der Verbleib des Merkurbrunnens auf dem Alten Markt erreicht werden sollte. Und: Die Witwe des Künstlers soll sich inzwischen rechtliche Schritte vorbehalten. Die Lage ist offen. Die auf Urheberrechtsfälle spezialisierte Kanzlei Boehmert & Boehmert (Potsdam) mit einer Sozietät auch in Bielefeld bestätigt, dass das Urheberrecht grundsätzlich bis 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers für seine Angehörigen bzw. Nachkommen Gültigkeit besitze.
Volwahsen starb 1988 im Alter von 82 Jahren. Anders sei die Situation jedoch, wenn anderslautende Verträge geschlossen sein sollten. In der Verwaltung ist man noch auf der Suche nach den Unterlagen aus den frühen 1960er Jahren. Inzwischen soll man sich in der Bauverwaltung auch darum bemühen, das schriftliche Einverständnis der Künstler-Witwe mit dem Umzug zum neuen Standort zu bekommen - nachdem man gestern Fakten geschaffen hat. Nächster geplanter Schritt: das Gießen des Sockels für den Brunnen.

Artikel vom 09.03.2005