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Weitere Stimmzettel verschwunden

Jetzt auch Bezirksvertretungs- und OB-Wahl betroffen - Nachzählung hat begonnen

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Die Serie der Pannen rund um die Bielefelder Kommunalwahl vom 26. September 2004 reißt nicht ab. Gestern wurde bekannt, dass aus dem Stimmbezirk 15.1 (Gesamtschule Brackwede) nicht nur 104 Stimmzettel der Ratswahl, sondern auch sämtliche Stimmen der Wahl zur Bezirksvertretung Brackwede verschwunden sind. Außerdem sind zwei Umschläge mit den Stimmen für Peter Clausen (SPD) und Inge Schulze (Grüne) aus dem ersten Wahlgang für die Oberbürgermeisterwahl abhanden gekommen.

Welche Konsequenzen der neuerliche Vorfall für die davon betroffene Bezirksvertretung Brackwede hat, steht noch nicht fest. Der zuständige Wahlleiter, Erster Beigeordneter Rainer Ludwig, hatte gestern den Wahlvorstand des Stimmlokals 15.1 und Vertreter des Brackweder Bezirksamtes zu einer Krisensitzung in sein Büro gebeten. Er will erst am Freitag öffentlich Stellung beziehen. Die Oberbürgermeisterwahl ist offenbar nicht mehr anfechtbar, weil hier ein zweiter Wahlgang stattgefunden hat.
Bis spätestens Freitag soll die ebenfalls gestern begonnene erneute Auszählung der 135 298 Stimmen zur Ratswahl abgeschlossen sein. FDP-Ratsherr Otto Sauer, dessen Partei die Nachzählung gefordert hatte und der die Auszählung am Montag beobachtete, berichtete, dass bereits in den ersten Stunden weitere ungültige Stimmen aufgetaucht seien, die als gültig gewertet worden waren. Außerdem sollen Stimmzettel falsch zugeordnet worden sein.
Sollten die 104 Ratswahlstimmen aus dem Queller Wahllokal nicht wieder auftauchen, droht eine Nachwahl im gesamten Wahlbezirk 15 (Brackwede/Quelle). Allerdings könnte die wegen der einzuhaltenden Fristen nach WESTFALEN-BLATT-Informationen nicht am Tag der Landtagswahl (22. Mai), sondern erst zu einem späteren Termin stattfinden.
In Quelle war seinerzeit Detlef Werner (CDU) mit einem Vorsprung von 223 Stimmen vor Horst Schaede (SPD) gewählt worden. Er ist auch Vorsitzender des Wahlprüfungsausschusses, der über mögliche Konsequenzen aus der Wahlpanne entscheiden muss. Dieses Amt werde er mit sofortiger Wirkung ruhen lassen, erklärte Werner am Montag. »Als direkt Betroffener halte ich es für richtig, jedem Anschein eventueller Befangenheit schon im Vorfeld entgegen zu treten.«
Scharfe Kritik übte der CDU-Kreisvorsitzende Marcus Kleinkes. Wenn sich bestätigen sollte, dass hauptamtliche Mitarbeiter der Stadtverwaltung oder des Bezirksamtes mit den Stimmzetteln nicht so sorgsam umgegangen seien, wie man dies von ihnen erwarten müsse, so sei dies ein »unglaubliches Vorkommnis«. Für die politischen Parteien bedeute ein neuerlicher Wahlkampf in nur einem Stadtbezirk erheblichen personellen und finanziellen Aufwand.
Ursprünglich hatten die Liberalen die Nachzählung gefordert, weil ihnen bei der Ratswahl 38 Stimmen gefehlt hatten, um ein weiteres Ratsmandat und Fraktionsstatus zu erlangen.

Artikel vom 08.03.2005