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Nach dem Glasbruch können
Kunden auf Kulanz setzen

Wenn Ketchup spritzt und Flaschen zersplittern

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Anna (7) spielt mit Begeisterung Einkaufen. Am liebsten im Supermarkt, wenn sie mit Mutter oder Vater unterwegs ist. Auch wenn die nicht hinschauen, greift sie mit Vorliebe in die Regale oder, schlimmer, zur untersten Dose in der Warenpyramide.

Wenn dann etwas zu Bruch geht, müssen die Eltern (meistens) nichts befürchten. »Wenn etwas herunter fällt, wird das in unseren Geschäften im Kundeninteresse geregelt - Kulanzfälle eben,« sagt AVA-Sprecher Rainer Diermann.
Kunden müssen sich deshalb auch nicht unauffällig-verschämt hinter die benachbarte Regalreihe verziehen, wenn der Sahnebecher versehentlich hingefallen und aufgeplatzt ist oder wenn die Ketchup-Flasche zersplittert. Diermann: »Wir sind den Kunden dankbar, wenn sie uns Bescheid sagen, damit die Reste beseitigt werden und niemand darauf ausrutscht.« Insgesamt aber kommt Bruch selten vor - so selten, dass bei der AVA darüber noch nicht einmal eine Statistik geführt wird.
Parfümflakons gelten als gefährdet, Abteilungen, in denen Glas und Porzellan angeboten werden, sind Risikogebiet. Trotzdem, so Thomas Kunz, Geschäftsführer des Bielefelder Karstadt-Hauses »passiert verschwindend wenig«. Einer der Gründe: »In unserer Parfümerieabteilung ist mehr Personal als in anderen Bereichen tätig, dort lassen sich die meisten Kunden individuell bedienen.« Und im Falle eines Falles »machen wir kein Drama daraus«, so Kunz. »Das kann schließlich jedem passieren.«
Im Grundsatz, so Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes, müsse der Kunde, der den Schaden verursacht habe, auch dafür gerade stehen: »Über seine Privathaftpflicht.« Komme allerdings Würstchenglas oder Eierschachtel ins Rutschen, spritze Rübenkraut aus dem Becher oder fließe Limonade aus der zerbrochenen Flasche, dann werde das »zu 99 Prozent auf dem Kulanzweg geregelt«. Es gebe allerdings Ausnahmen: wenn ein teurer Laptop zu Bruch gehe oder ein Flachbildschirm abstürze und nicht mehr zu gebrauchen sei oder andere technische oder teure Geräte beschädigt würden. Genth: »Das kann ein Händler nicht auf seine Kappe nehmen. Auch nicht, wenn es wirklich ein Versehen war.« Hochwertige Artikel aber würden meist extra gesichert, so dass buchstäbliche Abstürze gar nicht möglich seien. So halte der Handel häufig Digitalkameras extra zum Ausprobieren bereit - mitunter angekettet. Genth: »Da kann nichts aus der Hand rutschen.«

Artikel vom 09.03.2005