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Wunderbare Rolle zum Abschied

Schauspieler Klaus Lange erlebt als »Big Daddy« seine letzte Premiere

Von Burgit Hörttrich (Text) und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Drei Tage nach der letzten mündlichen Examensprüfung zum Diplom-Volkswirt an der Uni Köln trat Klaus Lange sein erstes Engagement an - und hat es nicht bereut, Schauspieler geworden zu sein anstatt in der freien Wirtschaft sein Geld zu verdienen. Nach fast 40 Bühnenjahren spielt Klaus Lange jetzt seine letzte Rolle - zumindest im Festengagement: Als »Big Daddy« in Tennessee Williams »Die Katze auf dem heißen Blechdach« (Premiere: 12. März, Theaterlabor) nimmt er offiziell seinen Bühnenabschied.

»Da schließt sich der Kreis,« sagt Lange, denn seine erste Rolle in Bielefeld war die des Tom in »Die Glasmenagerie«, ebenfalls von Tennessee Williams. Und auch in der »Katze« stand er in Bielefeld schon auf der Bühne: als ältester Sohn. Und noch eine Art Neuauflage wird es geben: In einem der Stücke, an die sich Klaus Lange besonders gern zurück erinnert, nämlich »Kleiner Mann, was nun« (1979) spielte er gemeinsam mit Therese Berger ein junges Ehepaar, jetzt, in der »Katze«, ein altes Paar. Lange: »Der 'Big Daddy' ist eine wunderbare Rolle zum Abschiednehmen, zum Abgehen.«
Zu sehen ist er im Laufe der Spielzeit auch noch in den beiden Publikumserfolgen »Das Fest« und in »Ladies Night«. Klaus Lange: »Das wird meine Abschiedsvorstellung werden.«
Würde ihm eine »tolle Rolle« angeboten, dann könnte er sich vorstellen, als Gast zurückzukehren auf die Bühne, aber er freut sich auch auf den »Ruhestand«: »Das wird ein anderes Leben.«
Klaus Lange ist vor 61 Jahren in Bonn zur Welt gekommen, ist in Bremen aufgewachsen und hatte bereits als Unterprimaner die Idee, Schauspieler zu werden. Lange: »Damals habe ich mich in Hamburg an der Schauspielschule beworben, bin sogar zum Vorsprechen eingeladen worden, dann aber hatte ich Angst vor der eigenen Courage, bin nicht hingefahren.« Er studierte in Bonn Mathematik und Volkswirtschaft, besuchte gleichzeitig die Schauspielschule in Köln und Düsseldorf spielte und inszenierte an der Studiobühne in Bonn. »Damals habe ich Blut geleckt,« erinnert sich der Schauspieler. Er sei jedoch immer froh darüber gewesen, das Examen durchgezogen zu haben: »Das gab mir ein Gefühl von Sicherheit.« Nach dem Engagement in Göttingen wurde Klaus Lange an die Theater in Pforzheim und in Krefeld verpflichtet. In Pforzheim habe er auch Heiner Bruns kennengelernt. Als der dann zur Spielzeit 1975/76 Intendant des Theater Bielefeld wurde, holte er Lange in sein Ensemble. Klaus Lange: »Hier in Bielefeld habe ich mich meistens wohl gefühlt.« Er habe »wundervolle Sachen« gespielt und nachdem er 1982 seine Hannelore kennengelernt habe, habe er »erst recht keinen Grund mehr zum Wechseln« gehabt.
Er sei froh, immer ein festes Engagement gehabt zu haben, denn, so Lange, »man ist ja nur Schauspieler, wenn man auch spielt«. Und er hat gespielt: große Rollen wie den Kreon in »Antigone«, den Woyzeck, den Willy Lomann in »Tod eines Handlungsreisenden« und, und, und. Als »Glück« bezeichnet es Klaus Lange, dass er habe den Faust in Goethes Faust I und Faust II habe spielen dürfen.
Der Wechsel in das »alte Fach«, wie er sagt, sei ihm »überhaupt nicht schwer gefallen«: »Ich habe zum Beispiel den alten Faust immer lieber gemocht als den jüngeren.« Es gefällt ihm, dass es im Theater wieder den »Trend zum Geschichtenerzählen« gebe und er verschweigt auch nicht, dass er nicht jede Rolle unter jedem Regisseur gleich gern verkörpert hat: »Ich mag es nicht, dieses Zertrümmerungs-Regie-Theater.« Die »Katze« sei dank Regisseur Kay Neumann frei davon.
»Ich habe viel erlebt und es war unterm Strich sehr schön,« sagt Klaus Lange. Er freut sich aber auch auf die Zeit »danach«, wenn er auch meint: »Ich bin gespannt, wie es wird.«
Er und seine Frau wollen eine Reise nach Ägypten machen (»Das ist ein lang gehegter Wunsch«), sie möchten einen Latein-Tanzkurs absolvieren und Klaus Lange hat sich vorgenommen, als Venedig-Liebhaber, »richtig Italienisch zu lernen«. Der Schauspieler: »Ich habe keine Angst, mich zu langweilen.« Zumal er konkrete Pläne hat, im Bereich der volkswirtschaftlichen Statistik tätig zu werden. Endlich hat auch die Angst des bekennenden Arminia-Mitgliedes ein Ende, ob wohl am Heimspieltag abends eine große Vorstellung ist. Klaus Lange: »dann nämlich musste der Verein auf Hannelores und meine Unterstützung verzichten - bisher jedenfalls.«
Natürlich wird er weiter ins Theater gehen - als Zuschauer. So richtig leid tut es ihm nicht, dass er den Umzug ins renovierte Stadttheater als Ensemblemitglied nicht mehr miterlebt. »Ich mochte den alten Zuschauerraum,« sagt Lange, »aber der Umbau musste sein.«
Jetzt freut er sich erst einmal auf »Die Katze auf dem heißen Blechdach«: »Ein sehr gutes Stück mit einem sehr guten Text.« Er selbst beschreibt sich als »verträglichen, pflegeleichten Typen«. Als einen, der aber in jeder Vorstellung versucht, sein bestes zu geben. Klaus Lange: »Die Zuschauer da unten kommen schließlich nur einmal und es kann sie nicht interessieren, wenn man mal nicht so gut drauf ist.« Hat er noch Lampenfieber? Nach so vielen Jahren? Klaus Lange: »Ja, manchmal - das entscheidet sich in den letzten Sekunden, bevor sich der Vorhang hebt!«

Artikel vom 10.03.2005