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Übernahmepläne gescheitert

Chef der Deutschen Börse hält dennoch an seinem Amt fest

Von Christian Ponzel
Frankfurt/Main (ddp). Die auch im zweiten Anlauf gescheiterte Übernahme der London Stock Exchange könnte den Frankfurter Börsenchef Werner Seifert den Job kosten. Das Unternehmen selbst schloss einen Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden jedoch aus.

Am Finanzmarkt wurde aber offen darüber spekuliert, dass Seifert nach dem überraschenden Rückzug des Kaufangebots seinen Hut nimmt. Bereits vor viereinhalb Jahren hatte Seifert bei dem Versuch, die LSE zu übernehmen, eine Schlappe einstecken müssen.
Ein Sprecher der Deutschen Börse vermied es, die Gerüchte über einen Abgang Seiferts vom Tisch zu wischen und dem Vorstandschef demonstrativ den Rücken zu stärken. Seiferts Rücktritt sei kein Thema für die Börse, sagte der Sprecher lediglich. Marktbeobachter wollten diese Äußerung keinesfalls als unmissverständliches Dementi verstanden wissen. Seifert werde nach dem Scheitern der Fusionspläne erheblich unter Druck geraten, hieß es in den Kreisen.
Nach wochenlangem Übernahmepoker hatte der Frankfurter Börsenbetreiber sein zwei Milliarden Euro umfassendes Kaufangebot überraschend zurückgezogen. Als Grund gab das Unternehmen den Widerstand des LSE-Managements und die ablehnende Haltung der eigenen Aktionäre an. Die Führung der Londoner Börse hatte die Offerte über 5,30 Pfund je Aktie als zu niedrig abgelehnt und sich geweigert, eine Übernahmeempfehlung auszusprechen. Zugleich war von Seiten der Börsen-Großaktionäre die Kritik an den Fusionsplänen gewachsen.
Eine Forderung aus dem Aktionärskreis, die vor allem von mehreren Hedge-Fonds vertreten wurde, will die Deutsche Börse jetzt erfüllen. Ein Teil des für den LSE-Kauf vorgesehenen Geldes will das Unternehmen an seine Anteilseigner ausschütten. Ganz aufgegeben hat die Börse ihre Ambitionen jenseits des Ärmelkanals aber weiterhin nicht. Mit der Ankündigung, bei einem Kaufangebot der konkurrierenden Vierländerbörse Euronext wieder in den Bieterwettstreit einzusteigen, hält sich Seifert eine Hintertür offen. Der Widersacher aus Paris liebäugelt ebenfalls mit einem Kauf der LSE, hat aber bislang kein eigenes Angebot vorgelegt.

Artikel vom 08.03.2005