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Paris-Berlin in Blomberg

1500 jubeln Schröder und Chirac zu - 600 Polizisten im Einsatz

Von Christian Althoff und
Reinhard Brockmann
Blomberg (WB). »Nahtlose Übereinstimmung in europäischen und internationalen Fragen« haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac gestern im lippischen Blomberg demonstriert.

Schröder zeigte sich angetan von dem herzlichen Empfang, den die Bürger in Ostwestfalen-Lippe dem französischen Gast bereitet hätten. Seine alte Heimat habe dem Präsidenten und dessen Außenminister Michel Barnier bei diesem 22. Blaesheim-Treffen seit Januar 2001 »ein sehr schönes Umfeld« für die deutsch-französischen Gespräche geschaffen, sagte der Kanzler.
Beide Politiker forderten eine Reform des europäischen Stabilitätspaktes und eine Neuformulierung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Zudem sprachen sie sich für einen Rückzug der syrischen Truppen und Geheimdienste aus dem Libanon aus. In einer in Blomberg veröffentlichten Erklärung bekräftigen Deutschland und Frankreich offiziell ihre Unterstützung für einen unabhängigen, souveränen und demokratischen Libanon. »Wir erwarten, dass Syrien seine Truppen und Sicherheitsdienste vollständig und schnellstmöglich aus dem Libanon zurückzieht«, heißt es in dem Papier.
Die 18 000-Einwohner-Stadt Blomberg hatte sich fein gemacht. Noch um sechs Uhr hatten Mitarbeiter der Müllabfuhr eine letzte Kontrollfahrt durch die Altstadt unternommen, in der überall die Fahnen der beiden Nationen wehten. »Nur den roten Teppich mussten wir uns vom Auswärtigen Amt leihen, weil wir hier noch nie so hohen Besuch hatten«, erzählte Blombergs Bürgermeister Klaus Geise.
Etwa 1500 Menschen hatten den beiden Regierungschefs am Vormittag vor dem Rathaus einen jubelnden Empfang bereitet. Immer wieder waren »Gerhard, Gerhard!«-Rufe zu hören, und auch Jacques Chirac wurde herzlich begrüßt. Eine Demonstration des Mittelstandes gegen die Steuerpolitik, die von Handwerkspräsidentin Lena Strothmann (Gütersloh) angeregt worden war, fand mangels Interesse nicht statt. Lediglich ein paar Mitglieder des Blomberger CDU-Ortsunion sowie Landwirte hielten Transparente in die klare Winterluft, mit denen sie die Rekord-Arbeitslosigkeit, die Visa-Politik und die EU-Zuckermarktordnung kritisierten.
Für den reibungslosen Ablauf des Gipfeltreffens hatten seit dem frühen Morgen 600 Polizisten gesorgt, deren Einsätze von Detmold aus koordiniert wurden. »Einigen Kollegen, die stundenlang an Straßensperren stehen mussten, boten Bürger sogar wärmende Getränke an«, berichtete Polizeisprecher Uwe Bauer. Obwohl die Innenstadt den ganzen Tag über gesperrt gewesen sei, habe es keine Proteste gegeben. Die Menschen seien eher stolz darauf gewesen, so hohen Besuch in ihrer Stadt zu empfangen.

Artikel vom 08.03.2005